Paris (energate) - Die Methanemissionen der weltweiten Öl- und Gasproduktion sind im vergangenen Jahr um rund zehn Prozent zurückgegangen. Diese positive Entwicklung gehe aber nicht darauf zurück, dass die Produzenten wirkungsvoll gegen Leckagen vorgegangen sind. Sie sei allein der geringeren Produktion im Zuge der Coronapandemie geschuldet, teilte die Internationale Energieagentur (IEA) nach einer aktuellen Analyse mit. Damit es nicht bei einem Anfahren der Förderung wieder zu einem Anstieg der klimaschädlichen Treibhausgasemissionen kommt, hat sie einen Leitfaden zusammengestellt, der den Förderländern Wege zu einer besseren Regulierung der Methanemissionen aufzeigen soll.
"Die unmittelbare Aufgabe der Öl- und Gasindustrie besteht nun darin, dafür zu sorgen, dass es auch bei einer Erholung der Weltwirtschaft nicht zu einem erneuten Anstieg der Methanemissionen kommt", betonte Fatih Birol, Exekutivdirektor der IEA. 2019 müsse das Jahr werden, in dem der klimaschädliche Ausstoß seinen historischen Höchststand erreicht hat. "Es gibt keinen guten Grund, diese schädlichen Lecks weiterhin zuzulassen, und es gibt allen Grund für verantwortungsbewusste Betreiber, sicherzustellen, dass sie angegangen werden", so Birol.
Emissionen von 70 Mio. Tonnen
Nach den neuen Zahlen der IEA gelangten weltweit mehr als 70 Mio. Tonnen Methan aus der Öl- und Gasförderung in die Atmosphäre. Das entspreche in der Klimawirkung in etwa den gesamten energiebedingten CO2-Emissionen der Europäischen Union. Der Bericht betont, dass es für Öl- und Gasförderer sehr kostenwirksame Wege gebe, diese Emissionen zu reduzieren. Anders als beim CO2 gebe es für Methan bereits einen Preis, nämlich den Erdgaspreis. Die Kosten für eine Reparatur der Leckagen und einen effizienten Betrieb der Anlagen seien durch den Verkauf der zusätzlichen Gasmengen schnell zurückverdient, zeigte sich die Agentur überzeugt.
Nach Angaben des Pariser Start-ups Kayrros, auf das die IEA in ihrem Bericht auch verweist, gab es im Jahr 2020 Verschiebungen bei den sogenannten Hot Spots der Methanemissionen, in denen ein Ausstoß von mehr als 5 Tonnen pro Stunde gemessen wird. Die Analysten von Kayrros untersuchen die Emissionen anhand von Satellitendaten. Demnach ist der Methanschlupf in Kuwait, dem Irak, in Turkmenistan und in den USA zurückgegangen. In Kasachstan, Russland und Algerien sei dagegen ein Anstieg zu verzeichnen. Vor allem in Russland falle dieser mit einem Plus von 32 Prozent deutlich aus.
Appell: Industrie und Politik müssen handeln
Neben dem allgemeinen Produktionsrückgang durch die Covid-19-Krise macht das Start-up weitere Faktoren aus, die in einigen Regionen zu einem Rückgang geführt haben. So konnten Verbesserungen in der Infrastruktur, wie die Fertigstellung der Gulf Coast Express Pipeline in den USA zu einem Rückgang der Emissionen beitragen. Die Leitung stelle zusätzliche Kapazitäten bereit, um Gasmengen aufzunehmen, heißt es. Im Irak seien die Emissionen auch deshalb zurückgegangen, weil mehr Gas in der Stromproduktion zum Einsatz kam.
"Wir glauben, dass die Industrie handeln muss, und zwar sichtbar und schnell", forderte IEA-Direktor Birol. Aber auch die Regierungspolitik stehe in der Verantwortung, Anreize für frühzeitiges Handeln der Unternehmen zu schaffen, auf Transparenz und Leistungsverbesserungen zu drängen und Innovationen zu unterstützen. Der neue Report "Driving Down Methane Leaks from the Oil and Gas Industry: A Regulatory Roadmap and Toolkit" soll Entscheidungsträger aus Politik und Regulierung dabei unterstützen. Er enthält Analysen von mehr als 50 Ländern, Staaten und Provinzen, die Methanemissionen aus einer regulatorischen Perspektive angegangen sind.
2021 sei mit der UN-Klimakonferenz im schottischen Glasgow (COP26) ein entscheidendes Jahr für den Klimaschutz, betonte die IEA. Bis zum Treffen im November müssten die Regierungen ihre Klimaschutzambitionen nicht nur in Bezug auf CO2, sondern auch bei den Methanemissionen erhöhen. Für Unternehmen werde das Thema an Bedeutung zunehmen, weil Verbraucher immer stärker auf das Emissionsprofil der unterschiedlichen Gasquellen achten. Wer Methanverlusten entgegenwirke, verringere auch wirtschaftliche Risiken. /tc