Berlin - Das Erreichen der Klimaziele im Verkehr ist ohne den Einsatz von Biokraftstoffen nicht möglich. Das betonte Steffen Bilger (CSU), Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, bei einer Branchenkonferenz in Berlin. Er bezeichnete die bestehenden Vorgaben von minus 42 Prozent CO2-Ausstoß im Verkehrssektor bis 2030 als ambitioniert, aber machbar. Noch nicht klar ist dabei, welche Folgen das erwartbare höhere EU-CO2-Ziel für 2030 für die einzelnen Sektoren haben wird. "Wir müssen auch schauen, wie die Ausgangslage in den einzelnen Mitgliedsstaaten ist. Dann wissen wir, ob wir nachschärfen müssen", so Bilger. Nach Schätzungen des Bundesumweltministeriums würde eine Anhebung des europäischen Klimaziels auf minus 55 Prozent bis 2030 eine Erhöhung der deutschen Ambitionen auf minus 65 Prozent nötig machen (
energate berichtete).
Bilger verwies darauf, dass auch bei einer anpeilten Menge von 10 Mio. Elektroautos im Jahr 2030 noch 30 bis 40 Mio. Verbrenner auf deutschen Straßen unterwegs sein werden. Um die Klimaschutzziele zu erreichen, sei daher der Einsatz von fortschrittlichen Biokraftstoffen, etwa aus Reststoffen, sowie synthetischen Spritsorten oder Wasserstoff notwendig. Den Rahmen für den Markthochlauf alternativer Energien im Verkehrssektor bildet die EU-Erneuerbarenrichtlinie. Nach langem Streit hat das Umweltressort einen Kompromiss zur Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht vorgelegt, der eine Erhöhung der Treibhausgaseinsparquote auf 22 Prozent bis 2030 vorsieht. Besondere Regelungen sind für Wasserstoff und fortschrittliche Kraftstoffe vorgesehen (
energate berichtete). Laut Bilger soll der Entwurf im April ins parlamentarische Verfahren.
Müller: Hersteller brauchen Alternativen
Hildegard Müller, Präsident des Verbandes der deutschen Automobilindustrie, betonte, damit Alternativen wie Biokraftstoffe eine Chance hätten, müsste sich am Regulierungsrahmen etwas ändern. Zuletzt hätte die Mineralölbranche weltweit nur 1,3 Prozent ihrer Ausgaben in diesem Segment investiert. Ein Grund sei, dass die Anreize derzeit vor allem auf die Elektromobilität ausgerichtet seien. So würden etwa Elektroautos bei den Flotten pauschal mit einem CO2-Ausstoß von Null angerechnet, auch wenn dies nicht dem Strommix entspreche. "Die Flottenziele sind daher für die Hersteller vor allem durch Elektrifizierung erreichbar", so Müller. Auch für alternative Kraftstoffe brauche es entsprechende Anreize, etwa über eine noch ambitionierte Auslegung der EU-Erneuerbarenrichtlinie. Zudem sprach sie sich für Mindestquoten für Wasserstoff und E-Fuels aus.
Auch Karsten Schulze, Technikpräsident des ADAC, verwies darauf, dass eine Verschärfung der CO2-Vorgaben für die Hersteller diese nach aktueller Lage zu mehr Elektrifizierung zwingen würde. Er warb für mehr Technologieoffenheit. Es gehe auch darum, die Mobilität bezahlbar zu halten. Zusätzliche Mengen an fortschrittlichen Biokraftstoffen werde es aber nur mit einer Änderung der Rahmenbedingungen geben, etwa über höhere Beimischquoten. Hierfür bedarf es einer Änderung der EU-Kraftstoffqualitätsrichtlinie sowie einer Freigabe der Hersteller für entsprechende Kraftstoffsorten.
Der Geschäftsführer des Verbandes der Deutschen Biokraftstoffindustrie, Elmar Baumann, begrüßte die offene Debatte um den Einsatz von alternativen Spritsorten. "Das ist eine gute Ausgangsposition, um in den kommenden Monaten weitere Verbesserungen im Gesetzgebungsverfahren zur nationalen Umsetzung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie II zu erreichen", so Baumann. /kw