Wien (energate) - Bei den notwendigen Schritten zum Schutz vor großflächigen Störungen im Stromnetz kommen sehr unterschiedliche und teils widersprüchliche Forderungen aus der heimischen Energiewirtschaft. So hebt der Interessenverband Erneuerbare Energie Österreich (EEÖ) nochmals hervor, dass die Erneuerbaren nicht die Ursache für den Beinahe-Blackout am 8. Jänner gewesen seien. In den vergangenen Tagen hat auch der Übertragungsnetzbetreiber APG mit Verweis auf jüngste Erkenntnisse der europäischen Netzbetreibervereinigung Entso-E mehrmals betont, die Ursache der Störung sei eine "klassische Überlastung des Systems in Südosteuropa" gewesen (energate berichtete).
"Erneuerbare sind nicht das Problem, sondern können und müssen bei der Energiewende Teil der Lösung sein. Die Versorgungssicherheit werden uns nicht große fossile Erzeugungseinheiten liefern", so EEÖ-Präsident Christoph Wagner. Vielmehr brauche es Flexibilisierung und Digitalisierung von Erzeugung und Verbrauch, kleinere erneuerbare Anlagen, schnell reagierende Speicher und mehr Stromnetze. Ganz anders die Einschätzung des Fachverbands Gas Wärme (FGW). "Gerade bei einer immer volatiler werdenden Stromversorgung spielen die Gaskraftwerke eine Schlüsselrolle. Für die Versorgungssicherheit braucht es einen Mix an verschiedenen systemischen Kraftwerken und eine Bestandssicherung für Gaskraftwerke", so Michael Mock, Geschäftsführer des FGW. Gerade die Situation am 8. Jänner belege die tragende Rolle dieser "systemischen Kraftwerke".
Wasserkraft sorgt für Ausgleich
Tatsächlich haben die sogenannten neuen Erneuerbaren, also Windkraft und Photovoltaik, bei der Abwehr der Störung an diesem Tag kaum eine Rolle gespielt. Laut APG-Chef Gerhard Christiner haben bei der Minutenreserve Wasserkraftwerke mit 82 Prozent, thermische Kraftwerke mit 6 Prozent sowie Anlagen von Industrieunternehmen mit 11 Prozent eingegriffen. Bei der Primärregelung waren demnach Wasserkraftwerke mit über 80 Prozent sowie Batteriekapazitäten beteiligt.
Laut Daten des Bilanzgruppenkoordinators APCS betrug der Stromverbrauch in Österreich am 8. Jänner 182,2 GWh. Davon lieferten thermische Kraftwerke im Inland rund 46,5 GWh. Aus dem Ausland kamen 37 GWh Strom unbekannter Herkunft, also zu einem beträchtlichen Teil aus Kohlekraftwerken und Atomkraftwerken. Die Erneuerbaren waren an diesem Tag mit 98,5 GWh am Verbrauch im Inland beteiligt, wobei von der Windkraft und Photovoltaik etwa 0,6 GWh stammen. Im Verhältnis zum Verbrauch insgesamt entspricht das 0,33 Prozent. Weil die Pumpspeicher nach diesem Tag leer waren, verschoben sich in den folgenden Tagen die Anteile weiter in Richtung der thermischen Erzeugung und der Stromimporte. /pm