Brüssel (energate) - Die europäischen Regulierungsbehörden haben mit Blick auf die Regulierung von Wasserstoffnetzen von zu frühen Festlegungen abgeraten. Die beiden Organe Acer und CEER empfehlen in einem gemeinsamen Vorschlag zum Einstieg in die Wasserstoffregulierung einen "schrittweisen Ansatz", der sich eng an der Marktentwicklung orientiert. Zudem plädieren sie für eine "dynamische Regulierung" auf Basis regelmäßiger Marktanalysen. Konkret schlagen Acer und CEER in ihrem Weißbuch vor, erst dann zu regulieren, wenn sich die Entstehung von "natürlichen Monopolen" bei Wasserstoffnetzbetreibern abzeichnen sollte. In diesem Fall müssten dieselben regulatorischen Prinzipien gelten wie für die Gas- und Stromnetzbetreiber, das heißt Unbundling, diskriminierungsfreier Netzzugang und Aufsicht durch die nationalen Regulierungsbehörden.
Wasserstoffstrategie als Basis
Acer und CEER nehmen für ihren Vorschlag die Frage zum Ausgangspunkt, wann und wie die entstehenden Wasserstoffnetze reguliert werden sollten. Grundlage sind die Wasserstoffstrategie der EU und die ihr übergeordnete Energiesystemintegrationsstrategie, die die EU-Kommission am 8. Juli 2020 vorgeschlagen hatte (
energate berichtete). Im vierten Quartal 2021 will die Kommission eine Änderung der Gasrichtlinie und -verordnung vorschlagen. Derzeit untersagen die EU-Vorgaben Erdgasnetzbetreibern, Wasserstoff-Pipelines zu besitzen oder zu betreiben. Die Lage sei heute anders als zurzeit der Reform des Gasbinnenmarktes 2009, wo die Transportstrukturen schon bestanden, heißt es in dem achtseitigen Acer/CEER-Weißbuch.
Die EU-Wasserstoffstrategie hat zum Ziel, solche Sektoren mit sauberer Energie zu versorgen, die nicht für die Elektrifizierung geeignet sind. Eine umfangreiche Nutzung von Wasserstoff in der EU sei jedoch nur möglich, wenn die erforderlichen Infrastrukturen zur Verbindung der Angebots- und Nachfrageseite zur Verfügung ständen, heißt es in dem Strategiepapier. Der Infrastrukturbedarf für Wasserstoff hänge letztlich von den Mengen der Wasserstofferzeugung und -nachfrage sowie von den Transportkosten ab. Zugleich sei der Bedarf an die verschiedenen Entwicklungsphasen der Wasserstofferzeugung gekoppelt, die nach 2024 erheblich zunehmen werde. Ab dann sei die Umwidmung von bestehen Erdgaspipelines auf Wasserstoff sinnvoll. Der Neubau spezieller Wasserstoffinfrastruktur werde begrenzt sein, weil er nicht kosteneffizient sei, prognostizieren die Regulierer.
Quersubventionierung vermeiden
Für den Fall, dass die Erdgasnetzbetreiber ihre Pipelines umwidmen, nachdem die Regulatoren eine günstige Kosten-Nutzenanalyse durchgeführt haben, schlagen Acer und CEER vor, beide Aktivitäten - den Erdgas- und den Wasserstofftransport - zu entflechten, um eine Quersubventionierung der Nutzer beider Netze zu vermeiden. Sogenannte Punkt-zu-Punkt-Verbindungen zwischen Erzeugung und Bedarf von Wasserstoff, die privat betrieben werden, sollten nicht der Regulierung unterfallen, heißt es in dem Weißbuch. /rl