Wien (energate) - Der Ministerrat der Bundesregierung hat Einspruch gegen eine weitreichende Entscheidung des Burgenlandes zum Ausbau der Windkraft und Photovoltaik beschlossen. Dabei geht es um eine im Dezember im Burgenland unter Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) verabschiedete Novelle des Raumplanungsgesetzes. Diese Novelle sieht eine neue Abgabe für Photovoltaikanlagen und Windräder vor, weil diese "die Belastung des Landschaftsbildes" bewirkten. Nun ist die türkis-grüne Bundesregierung einem Antrag von Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) gefolgt und hat Einspruch gegen diese Regelung erhoben.
Burgenlands neue Abgabe wirke "kontraproduktiv für die Errichtung und den Betrieb von Windkraftanlagen und Photovoltaikanlagen auf Freiflächen", heißt es in der Begründung des Ministerrats. Diese Abgabe stehe damit "im starken Gegensatz zum aktuellen Regierungsprogramm" mit dem Ziel, die Stromversorgung bis 2030 bilanziell auf 100 Prozent Erneuerbare umzustellen. Das wirke sich sowohl bei der Windkraft als auch bei Photovoltaik "negativ auf die Wirtschaftlichkeit und das Investitionsklima aus". Auch sei absehbar, dass der geplante Zubau von 11 TWh bei Photovoltaik "nicht ausschließlich abseits von Freiflächen errichtet werden" könne. Zudem sei mit einer neuen Abgabe "kein Schutz des Landschaftsbildes gegeben. Die Errichtung von Anlagen verteuert sich lediglich, im Endeffekt auf Kosten der österreichischen Allgemeinheit", so die Begründung des Ministerrats. Schließlich stelle die Novelle des Burgenlands eine "Verletzung des Determinierungsgebotes" dar.
Ein Einspruch des Ministerrats gegen ein Landesgesetz ist ein in Österreich selten angewandtes Instrument. Burgenlands Landtag, in dem die SPÖ eine Alleinregierung bildet, hat nun die Möglichkeit, den Gesetzesbeschluss einfach zu wiederholen. Falls die Bundesregierung ihren Einspruch dann weiter nicht zurückzieht, muss ein Ausschuss aus je 13 Mitgliedern des Nationalrats und des Bundesrats entscheiden.
Kontroverse Reaktionen bei ÖVP und SPÖ
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Sowohl der Vorstoß Burgenlands im vergangenen Herbst (energate berichtete) als auch der Einspruch aus Wien sorgen für heftige Kontroversen in der politischen Landschaft. So erklärte Magnus Brunner (ÖVP), Staatssekretär im Klimaministerium, in einer Stellungnahme gegenüber der Austria Presseagentur, der Plan, PV und Windkraftanlagen "willkürlich Gebühren aufzuerlegen", deren Höhe völlig unbekannt sei und die jederzeit einseitig erhöht werden können, sei ein "völlig falscher Weg". Damit wolle das Land auf dem Rücken der Unternehmen, die zur Energiewende beitragen wollen, die Landeskassen füllen. Auch ÖVP-Energiesprecherin Tanja Graf betonte, das Landesgesetz hätte die Energiewende in Österreich gefährdet und "der Willkür Tür und Tor geöffnet". Der Einspruch sei richtig.
Dagegen nannte SPÖ-Energiesprecher Alois Schroll den Vorstoß der Bundesregierung ein "lupenreines parteipolitisches Spiel", mit dem die Bundesregierung von ihren Fehlern ablenken wolle. Während dessen sei Erneuerbare Ausbau-Gesetz (EAG) auf Bundesebene nach wie vor nicht beschlossen und die Regierung diesbezüglich seit Monaten säumig sei. Offensichtlich seien "die ambitionierten Ausbaupläne im Burgenland ein Problem für andere Bundesländer, die mit den pannonischen Zielen nicht mithalten können oder wollen."
Energiewende im Burgenland
Im Burgenland herrschen Windverhältnisse, die ähnlich stark sind wie in der Nähe der deutschen Nordseeküste. Die Landespolitik forciert daher seit rund zwei Jahrzehnten den Ausbau der Windkraft, auch private Windparkbetreiber wie Püspök bauen gerade aus (energate berichtete). Vor sieben Jahren erreichte das Burgenland rein rechnerisch bilanziell die Stromautarkie. Zum Bereich Photovoltaik kündigten die Vorstände des Landesversorgers Energie Burgenland heuer im Jänner an, bis 2025 Marktführer in Österreich werden zu wollen (energate berichtete). /pm