Munster (energate) - Die Stadtwerke Munster-Bispingen prüfen den Einstieg in den Abbau von Lithium. Das Unternehmen hat sich bei der niedersächsischen Bergbaubehörde LBEG eine Aufsuchungserlaubnis für das begehrte Leichtmetall geholt. Das Lithium will der Versorger aus der Lüneburger Heide aus geothermalen Tiefenwässern gewinnen, die für den Betrieb eines geplanten Geothermiekraftwerks zutage gefördert werden sollen. Um das Projekt zu realisieren, liefen derzeit Verhandlungen mit potenziellen Investoren und Partnern, erklärte Stadtwerke-Geschäftsführer Jan Niemann im Gespräch mit energate.
Enormer Lithium-Gehalt in Tiefenwässern
Der Kommunalversorgers plant bereits seit Längerem, die Tiefenwässer des Norddeutschen Beckens für ein Geothermiekraftwerk anzuzapfen. Dazu nehmen die Stadtwerke derzeit geologische Voruntersuchungen und Probebohrungen in einem ausgeförderten Erdgas-Bohrloch vor, das das Explorationsunternehmen Exxon Mobil vor den Toren von Munster betrieben hat. Erste Proben zeigten, dass das geförderte Wasser eine Temperatur von rund 150 Grad Celsius aufweist und damit als potenzielle Wärmequelle nutzbar ist. Doch nicht nur das: Die aus fünf Kilometern Tiefe geförderte Wassermengen wiesen einen enorm hohem Lithium-Gehalt auf, so Niemann.
Wasseranalysen brachten Werte von rund 350 Milligramm Lithium pro Liter zutage. Zum Vergleich: Im Oberrheingraben verfolgt ein Forschungskonsortium, zu dem auch der Energiekonzern EnBW gehört, ein ähnliches Projekt (
energate berichtete). Dort weist das Thermalwasser einen Lithiumgehalt von 150 Milligramm pro Liter auf - also halb so viel wie im Heidekreis. Wenn sich dieses Potenzial bestätigt, ließe sich mehr als 400 Tonnen Lithium pro Jahr als Nebenprodukt aus der geothermischen Anlage gewinnen, rechnet Niemann vor. "Das wäre eine riesige Chance für uns als Stadtwerke, für die gesamte Region, aber auch für die Energie- und Mobilitätswende in unserem Land" sagte Niemann.
Potenzielle Abnehmer: Blick geht nach Salzgitter
Der Stadtwerkechef verwies auf den enormen Bedarf an Lithium als Rohstoff für Batteriespeicher - etwa für die Elektromobilität. Tatsächlich muss der Stadtwerke-Geschäftsführe nicht weit blicken, um potenzielle Abnehmer zu finden. Salzgitter, wo der Autobauer Volkswagen eine Fertigung für Batterien errichtet, ist keine anderthalb Autostunden entfernt. Zugleich betonte Niemann, dass die Gewinnung von Lithium im Heidekreis mit regionaler Wertschöpfung und CO2-neutral erfolgen würde - "im Gegensatz zur derzeitigen Produktion aus Salaren in Südamerika oder Bergwerken in Australien". Zugleich betonte er aber, dass sich das Projekt noch in einer sehr frühen Phase befinde und die Aufgaben, die noch vor den Stadtwerken liegen, "nicht trivial" seien. Tatsächlich gibt es weltweit bisher nur Anlagen im Pilotstadium, die Lithium aus geothermischen Tiefenwässern extrahieren. Im industriellen Maßstab liegen bislang keine Erfahrungen mit der Technologie vor. Niemann hofft nun auf Partner, "die Know-how einbringen und mit denen wir uns das Investitionsrisiko teilen können".
Lange Planungen zur Geothermie
Die Stadtwerke Munster-Bispingen arbeiten schon seit vielen Jahren an der Realisierung des Geothermiekraftwerks. Als zwischenzeitlich die Bundeswehr als Wärmeabnehmer abgesprungen war, kam das Projekt 2012 vollkommen zum Erliegen. Inzwischen unternimmt das Stadtwerk einen neuen Anlauf, auch weil die Nutzung der ausgeförderten Bohrlöcher von Exxon Mobil die Anfangsinvestitionen für Erkundung und Bohrung deutlich senkt. In einer ersten Entwicklungsstufe plant der Versorger nun ein Geothermiekraftwerk zur reinen Stromerzeugung, ein späterer Anschluss von Wärmeabnehmer ist aber weiterhin anvisiert. /rb