Münster (energate) - Die Westfalen-Gruppe plant in Deutschland den Bau von bis zu 20 neuen LNG-Tankstellen. Spätestens bei Ende der Mautbefreiung will das Unternehmen diese sukzessive auf Bio-LNG umstellen. "Gemeinsam mit unserem Projektteam Logistik/Versorgung haben wir bereits konkrete Projekte gestartet, die allerdings noch nicht spruchreif sind", sagte Julian Janocha, LNG-Koordinator der Westfalen-Gruppe im Interview mit energate. Großes Potenzial für die Produktion von Bio-LNG sieht er im nordrhein-westfälischen Münsterland, wo viele Biogasanlagen stehen. Allerdings brauchen Genehmigungen, Standortanalyse und erste Piloten ihre Zeit. Der Blick ins Ausland, insbesondere in den skandinavischen Raum soll weiterhelfen, dort stehen schon erste Anlagen, die Bio-LNG anbieten. "Mit einigen Betreibern stehen wir bereits in Kontakt", erläuterte der LNG-Koordinator. Positiv sei auch, dass verschiedene Verbände und Institutionen wie die Energieagentur NRW, der DVGW oder Zukunft Gas daran arbeiten, Player zusammenzubringen.
Zu viel Zeit kann sich die Unternehmensgruppe, die neben ihren 260 Tankstellen in Nordrhein-Westfalen und Niedersachen auch als Händler für Flüssiggas tätig ist, allerdings nicht lassen. Denn die Preisvorteile für konventionelles LNG werden mit Ende der Mautbefreiung Ende 2023 kleiner. "Dann oder spätestens Anfang 2024 müssen wir schauen, dass wir die Tankstellen, die wir zu diesem Zeitpunkt betreiben, auch mit Bio-LNG versorgen können", blickte Janocha voraus.
Erste LNG-Tankstelle in Betrieb, zweite folgt
Erst im November 2020 hatte die Westfallen-Gruppe ihre erste LNG-Tankstelle für 1,5 Mio. Euro eröffnet. Nach "kleineren Startschwierigkeiten" läuft der 24/7-Betrieb inzwischen ohne Probleme, auch wenn die Auslastung mit 30 bis 40 LKW noch deutlich unter der Kapazitätsgrenze von 200 Fahrzeugen pro Tag liegt. Das LNG beschafft das Unternehmen in Rotterdam. Aktuell wird der Lagertank in Münster, der bis zu 30 Tonnen LNG fasst, mindestens einmal pro Woche aufgefüllt. Trotz der noch verhaltenen Auslastung des ersten Standorts und der Coronakrise soll der Bau der zweiten LNG-Tankstelle in Herford im März starten. "Die Logistikbranche hält die Versorgung unserer täglichen Grundbedürfnisse aufrecht. Insofern wäre es ein falsches Signal, den Zeitplan für dieses wichtige Infrastrukturprojekt zu verschieben", so Janocha. Bei der Wahl weiterer Standorte stimmen sich er und seine Kollegen eng mit den Speditionsunternehmen ab. Nur wenn Spediteure oder Flottenbetreiber genug Bedarf anmelden, wird gebaut. Auf einer eigenen Webseite lässt sich nachvollziehen, in welchem Maße pro Standort noch Interessenten fehlen.
LNG-Tankstellen wachsen langsam
Im vergangenen Jahr war das noch spärliche LNG-Tankstellennetz in Deutschland etwas dichter geworden. Geholfen hatten kräftige Zuschüsse über das "EEN-Programm" des Bundesverkehrsministeriums in Höhe von 12.000 Euro pro LNG-LKW. Nach einer Flut von Anträgen gingen die Mittel von insgesamt 10 Mio. Euro aber im November 2020 zur Neige (
energate berichte). Seit diesem Jahr gibt es nur noch Zuschüsse für elektrische Antriebe. Was aber bleibt, ist die Mautbefreiung für LNG bis mindestens 2023 und eine verringerte Energiesteuer bis 2026. "Ob damit nun ein sich selbst tragender Trend entstanden ist, werden die nächsten Jahre zeigen", gab sich das Beratungsunternehmen Team Consult in seinem LNG-Marktradar kürzlich zurückhaltend (
energate berichtete).
Der LNG-Koordinator der Westfalen-Gruppe zeigte sich hier optimistischer: "Wir glauben daran, dass sich der Zuwachs der letzten ein bis zwei Jahre weiter fortsetzen wird. Die Vorreiter haben es geschafft, das Thema LNG zu platzieren", sagte er. Je nach Marktentwicklung will die Westfalen-Gruppe bis zu 20 Tankstellen bauen. Zur Einordnung: Laut Daten der Brancheninitiative Zukunft Gas waren im Januar insgesamt 37 LNG-Tankstellen in Betrieb und damit deutlich mehr als noch im Januar 2020 mit nur 12 Standorten. Nach Angaben von Team Consult sind die drei größten Betreiber Liquind (21 %), Shell (19 %) sowie Gascom (12 %), die sich die Hälfte des Marktes teilen. Aber mehr als eine Handvoll neuer Marktteilnehmer planen LNG-Tankstellen, darunter die Westfalen AG, was für eine Belebung des Marktes spricht. /mt
Das vollständige Interview mit LNG-Koordinator Julian Janocha lesen Sie im heutigen Add-on Gas & Wärme.