Wien (energate) - Das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) liegt vor und ist bereit für die weitere Behandlung im Parlament. Dieser lange erwartete Schritt wurde schon mehrmals verschoben. Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) sprach nun von "einem großen Wurf". Das zentrale Gesetzespaket für die heimische Energiewirtschaft und ihre Transformation soll am 17. März den Ministerrat passieren und als Regierungsvorlage in den Nationalrat eingebracht werden. Bei der Präsentation in Wien äußerten Kogler, Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) und Staatssekretär Magnus Brunner (ÖVP) die Hoffnung, dass das EAG noch vor dem Sommer in Kraft treten kann.
Ob es gelingt, bleibt offen: Das EAG ist eigentlich ein Gesetzespaket, das Änderungen gleich in neun großen Gesetzen der Energiewirtschaft vorsieht, unter anderem im Elwog oder im Starkstromwegegesetz. Vor allem aber ist sowohl im Nationalrat als auch im Bundesrat eine Zweidrittelmehrheit nötig. Gleichzeitig steht auch die Zustimmung der EU-Kommission noch aus. Die Notifizierung sei erst möglich, wenn das EAG final vorliege, so Ministerin Gewessler. In der Kommission hätten ihr sowohl Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager als auch Vizekommissionspräsident Frans Timmermans eine "schnelle Prüfung" zugesagt.
Ziel von 27 Mrd. kWh und zweiteiliges Fördersystem
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Das zentrale Ziel bleibt unverändert, wie bereits im ersten Entwurf im September formuliert, die Umstellung der Stromversorgung auf bilanziell 100 Prozent Erneuerbare bis zum Jahr 2030. Dafür sollen die Erneuerbaren um 27 Mrd. kWh ausgebaut werden. Zum Vergleich: Aktuell beträgt die Produktion 55,6 Mrd. kWh. Auch die Zubaumengen in den einzelnen Erzeugungsarten bleiben unverändert, nämlich 11 Mrd. kWh bei der Photovoltaik, 10 Mrd. kWh bei der Windkraft, 5 Mrd. kWh bei der Wasserkraft sowie 1 Mrd. kWh bei der Biomasse.
Die Finanzierung dahinter ruht auf einem technologiespezifischen Fördersystem aus einmaligen Investitionszuschüssen und/oder laufenden Marktprämien (energate berichtete). In Summe sind dafür Förderungen von 1 Mrd. Euro pro Jahr und insgesamt 10 Mrd. Euro bis 2030 vorgesehen. Falls die Fördermenge im Dreijahresmittel die Obergrenze von 1 Mrd. Euro übersteigt, muss eine Überschreitung erst vom Hauptausschuss des Nationalrates genehmigt werden. Für Haushalte und Endkunden in der Wirtschaft dürfte es teurer werden. So hieß es bei der Präsentation, dass für einen privaten Haushalt in den nächsten fünf Jahren im Durchschnitt ein Beitrag von "rund 120 Euro im Jahr" für die Ökostromförderung zu erwarten sei. Einkommensschwache Haushalte können sich von der Ökostromabgabe befreien lassen.
Neu: Wasserstoff, Tarifbefreiung für Elektrolyseure und Pumpspeicher
Neu sind mehrere Bestandteile im EAG, die es im Herbst noch nicht gab: So ist eine eigene Förderschiene in Höhe von insgesamt 500 Mio. Euro für die Nutzung von grünem Wasserstoff geplant. Damit sollen bis 2030 vor allem Projekte in der Industrie unterstützt werden, etwa bei der chemischen oder der Stahlindustrie oder aber beim Bau und Einsatz von Elektrolyseanlagen, wie das aktuell in Linz bei der Voestalpine mit dem Verbund und Siemens geschieht (energate berichtete). Neu ist auch, dass Elektrolyseanlagen für mindestens 15 Jahre ganz von Netztarifen befreit werden. Auch Pumpspeicher - sowohl bestehende als auch neue - werden für mindestens 15 Jahre zu 100 Prozent von Netztarifen befreit.
Verbraucher: "Ein Recht auf einen Netzanschluss"
Neu sind auch einige Eckdaten auf der Ebene der Endverbraucher: So soll es künftig zum ersten Mal "das Recht auf einen Netzanschluss zur Produktion erneuerbarer Energie" geben. Ministerin Gewessler erklärte dazu: "Jeder und jede darf in Zukunft so viel Strom in das Netz einspeisen, wie er oder sie auch daraus produziert." Außerdem ist eine öffentlich zugängliche Datenbank für Fernwärmekunden sowie ein "Open-Data-Ladestellenverzeichnis" geplant, das die Tarife beim Laden von Elektroautos transparenter gestalten soll.
Themen Erdgas, grüne Gase und Gasnetze werden ausgeklammert
Nicht in der aktuellen EAG-Fassung enthalten ist dagegen der große Bereich Gase. Zwar ist bei Biogas sowohl eine Marktprämie als auch Investitionsförderungen in Höhe von insgesamt 500 Mio. Euro vorgesehen. Doch inwieweit die Einspeisung von grünen Gasen wie etwa Biomethan ins Gasnetz geregelt werden soll, klammert das EAG weitestgehend aus. Zuletzt war die Rolle der Gaswirtschaft im EAG zwischen den Regierungspartnern besonders umstritten. Nun heißt es, die Arbeiten an einem "zweiten Gesetz für den Ausbaustopp des Gasnetzes" sowie einem "großen Förderprogramm für grünes Gas in der Industrie" würden weitergehen. Diese Regelungen sollen als eigene Gesetze im Sommer in Begutachtung gehen. /pm