Wien (energate) - Der Verbund meldete einen Gewinnanstieg für 2020 und kündigte gleichzeitig Milliardeninvestitionen für die kommenden Jahre an, vor allem in neue Pumpspeicher und die 380-kV-Leitung in Salzburg. Trotzdem werde angesichts der Klimaziele organisches Wachstum nicht reichen, so Konzernchef Michael Strugl: "Wir brauchen auch anorganisches Wachstum, zum Beispiel über Akquisitionen von bestehenden Anlagen." In Summe will der größte Energieversorger Österreichs in den nächsten zwei Jahren 2,3 Mrd. Euro investieren. Für den laufenden Ausbau der 380-kV-Salzburgleitung sind 890 Mio. Euro eingeplant. Auch die Kapazitäten bei Windkraft und Photovoltaik werden deutlich ausgebaut. Aktuell setzt der Verbund insgesamt rund 33,5 Mrd. kWh ab, davon jeweils etwa eine Mrd. kWh mit Windkraft und PV. In Zukunft soll der Anteil dieser beiden Erzeugungsarten im Portfolio auf bis zu ein Viertel steigen.
Bau von Limberg III soll im Frühsommer starten
Das größte neu angekündigte Projekt ist der 480 Mio. Euro teure Bau des Pumpspeicherkraftwerks Limberg III in Kaprun, der heuer im Frühsommer starten und vier Jahre dauern soll. Dieses Kraftwerk in den Salzburger Alpen sei mit einer geplanten Leistung von 480 MW "ganz besonders auf die zukünftigen Bedürfnisse der Energiewende zugeschnitten", betonte Strugl. Denn hier sollen spezielle Maschinensätze zum Einsatz kommen, die besonders flexibel auf Netzschwankungen reagieren und Ausgleichs- sowie Regelenergie liefern. Das Kraftwerk wird vollkommen unterirdisch zwischen den beiden bestehenden Speicherseen Mooserboden und Wasserfallboden errichtet. Nach Fertigstellung wird Limberg III Teil der Kraftwerksgruppe Kaprun sein, deren bereits bestehende Teile aktuell eine Leistung von 830 MW in der Produktion und 610 MW im Pumpbetrieb haben.
Auch die Kärntner Kraftwerksgruppe Malta-Reißeck zählt mit einer Leistung von 1.460 MW zu den leistungsstärksten Wasserkraftwerksgruppen des Landes. Hier plant der Verbund eine Erweiterung des bestehenden Pumpspeicherkraftwerks Reißeck II namens Reißeck II+. Das neue Kraftwerk wird auf einer Seehöhe von 2.300 Metern ebenfalls komplett unterirdisch errichtet. Nach der geplanten Fertigstellung in 2023 soll es mit zwei Pumpturbinen über eine Leistung von 45 MW verfügen. Hier will der Verbund 60 Mio. Euro investieren, die Genehmigungen liegen bereits vor. Gleichzeitig laufen in der Kraftwerksgruppe auch 100 Mio. Euro teure Modernisierungsarbeiten an der Kraftwerksgruppe Malta.
Speichereinsatz für Deutschland klar begrenzt
Der Ausbau der Pumpspeicher stoße auch in Deutschland auf erhebliches Interesse, so Konzernchef Strugl, vor allem da dort in den nächsten Jahren die letzten Atomkraftwerke und Kohlekraftwerke vom Netz gehen. "Die österreichischen Speicherkapazitäten werden auf der Ebene der Übertragungsnetzbetreiber für den Einsatz im grenzüberschreitenden Engpassmanagement bereits diskutiert", so Strugl. Allerdings sei die Bewirtschaftung der deutsch-österreichischen Grenze durch die Trennung der Strompreiszone auf 4.900 MW limitiert. "Das ist der einschränkende Faktor, und deshalb ist hier der Einsatz von österreichischen Speichern begrenzt."
Rückenwind bei den anstehenden Investitionen verschaffen dem Versorger die Ergebnisse des vergangenen Jahres: "Das Geschäftsjahr 2020 war für uns trotz der Coronakrise sehr erfreulich. Das zeigt, dass der Verbund eine Widerstandskraft gegen externe Einflüsse aufgebaut hat", so Finanzvorstand Peter F. Kollmann mit Verweis auf den Anteil von "nahezu 100 Prozent" der Erneuerbaren im Portfolio des Konzerns. Allerdings haben auch dem Verbund die Einbrüche während des ersten Lockdowns zu schaffen gemacht, und im Zuge dessen auch das Überangebot an CO2-Zertifikaten bei gleichzeitig sinkenden Großhandelspreisen. "Ab Mitte 2020 haben wir jedoch wieder eine Stabilisierung gesehen", so Kollmann weiter. Unter dem Strich ist das Vorsteuerergebnis (Ebitda) um neun Prozent auf 1,293 Mrd. Euro gestiegen. Der Nettogewinn legte um knapp 14 Prozent auf 631,4 Mio. Euro zu.
"Erfreuliches Jahr trotz Coronakrise"
Bei den aus strategischer Sicht größeren Projekten steht für heuer der Abschluss der Mehrheitsübernahme am Gasnetzbetreiber Gas Connect Austria an (energate berichtete). Aktuell arbeitet der Verbund außerdem mit Partnern wie der OMV, Borealis und Lafarge an einer Reihe größerer Projekte im Bereich Sektorkopplung, etwa beim Projekt "Green Hydrogen@Blue Danube" (energate berichtete). Dieses Vorhaben hat das Ziel, europaweite Strukturen für den Einsatz von grünem Wasserstoff in der Industrie aufzubauen. /pm