Die Umweltschutzorganisation befürchtet, dass pronukleare Mitgliedsstaaten versuchen Atomkraft in die EU-Taxonomie-Verordnungen hineinzureklamieren. (Foto: Alpiq Holding AG)
Wien (energate) - Die Umweltschutzorganisation Global 2000 befürchtet, dass Atomenergie im Rahmen der EU-Taxonomie-Verordnung Teil des europäischen Green Deal werden könnte. Auf Druck einiger pronuklearer Mitgliedstaaten habe die EU-Kommission das Forschungszentrum Joint Research Center (JRC) beauftragt einen Bericht auszuarbeiten, der frühere Expertenempfehlungen gegen die weitere Finanzierung von Atomkraft in der EU revidieren soll, behauptet Global 2000. Der Bericht stelle die wichtigsten Fragen der Atomenergie verzerrt dar, sagt Patricia Lorenz, Atomsprecherin von Global 2000. Trotz anderslautender Behauptungen sei die Entsorgung von abgebrannten Brennstäben nach wie vor ungelöst. Zudem könne das Restrisiko von schweren Unfällen nie ganz ausgeschlossen werden.
Global 2000 entkräftet Argumente
In dem vorliegenden Papier werde unter anderem vorgeschlagen die Sicherheitskriterien für neue Reaktoren auch auf alte anzuwenden. Dieser Vorschlag sei aber bereits als Konsequenz aus den EU Stresstests vor zehn Jahren erfolgt, meint die Expertin. Daraus entstandene Nachrüstungsvorschläge wurden aber weitestgehend ignoriert. Alte Atomkraftwerke könnten nicht auf den heutigen technischen Stand gebracht werden. Umfassende Verbesserungsmaßnahmen seien zu teuer, da im Besonderen erneuerbare Energieträger mit ihren immer günstiger werdenden Strompreisen einen erheblichen Preisdruck auf die Atomkraft erzeugten.
Die in dem Bericht aufgestellte Behauptung wonach Reaktoren der Generation drei zu einer erhöhten Sicherheit führten, widerlegt Global 2000 mit dem Beispiel des europäischen Druckwasserreaktors (EPR) im französischen Flamanville. Dieser weise massive technische Probleme auf, so die Umweltschutzorganisation. Abschließend verwies Global 2000 auf die ungelösten Korrosionsproblemen bei den derzeit vorhandenen Atommüllcontainern. Betreffend das Material gäbe es kaum technische oder wissenschaftliche Fortschritte, welche den Ansprüchen an die Endlagerung von hochtoxischen und radioaktiven Brennstäben standhielten, so Global 2000.
Bereits 2019 EU-Bericht zu Atomkraft
Eine ebenfalls von der EU-Kommission beauftragte Expertengruppe kam 2019 in ihrem Bericht zu dem Ergebnis, dass Atomkraft im Rahmen der EU-Taxonomie vor allem wegen des ungelösten Atommülllagerproblems auszuschließen sei, meint die Umweltschutzorganisation. Vor allem verstoße die Atomenergie gegen den von der EU eingeschlagenen Pfad zu einem nachhaltigen und sauberen Energiesystem, das für andere Bereiche nicht schädlich sei, wie in der Taxonomie-Verordnung festgehalten wird, so Global 2000.
Kein Ausstieg aus Euratom
Zuletzt mündeten die Beratungen über das Euratom-Volksbegehren im Parlament zu einem Entschließungsantrag, welcher die Bundesregierung ersucht sich dafür einzusetzen, dass der Vertrag im Rahmen der EU-Zukunftskonferenz thematisiert und überarbeitet wird. Der Kern des Volksbegehrens, nämlich der Ausstieg aus dem Vertrag wurde nur von der FPÖ unterstützt. Die anderen Parteien lehnten einen Ausstieg aus dem Vertrag auch aufgrund der rechtlichen Situation ab. Demnach könne ein Mitgliedsland den Euratom-Vertrag nur dann verlassen, wenn es ebenfalls aus der EU austrete.
Viel wichtiger als der Ausstieg sei es weiterhin am Tisch zu sitzen, um mitzureden, auf Reformen zu drängen und Irrsinnigkeiten verhindern zu können, meint etwa Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne). Zudem sprach sich der Nationalrat in zwei Entschließungen gegen grenznahe Atommüllendlager sowie eine Betriebsverlängerung des slowenischen Atomkraftwerks Krsko aus. /af
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