Wien (energate) - Österreich hat in den vergangenen zwei Jahrzehnten erhebliche Fortschritte beim Ausbau der Erneuerbaren und bei der Energieeffizienz gemacht. Weil jedoch die Emissionsmengen gestiegen sind und die EU ihre Klimaziele zuletzt verschärft hat, drohen dem Land trotzdem Kosten in Milliardenhöhe. Zu diesem Ergebnis kommen zwei Berichte des Bundesenergieministeriums und des Rechnungshofs. Für eine weitere Senkung der Abgasmengen soll auch das Klimaschutzgesetz sorgen, das ÖVP und Grüne gerade ausarbeiten. Einige geplante Regelungen dieses Gesetzes stoßen jedoch auf erbitterte Kritik der Wirtschaft. Vor kurzem hat sich dazu auch die Arbeiterkammer kritisch zu Wort gemeldet.
Erneuerbarenanteil bei 34 Prozent
Laut dem neuen Monitoringreport des Energieministeriums ist in Österreich der Anteil der Erneuerbaren am Endenergieverbrauch von 1995 bis 2019 von 24 Prozent auf knapp 34 Prozent gestiegen. Bei der Stromerzeugung lag der Anteil zuletzt bei 75 Prozent und beim Heizen und Kühlen bei 34 Prozent. Österreich sei "auf einem guten Weg", allerdings seien "Zusatzmaßnahmen" beim Ausbau der Erneuerbaren unerlässlich.
Auch die Emission von Treibhausgasen ist demnach in knapp zwei Jahrzehnten relativ konstant geblieben. Im Jahr 2018 lag sie um 0,6 Prozent über den Werten des Jahres 1990. Bis 2014 sei der Trend rückläufig gewesen, danach seien die Emissionen jedoch wieder gestiegen. Gründe dafür seien etwa niedrige Preise für Öl und Kohle, eine gute Konjunktur, steigende Zuwanderung und zunehmender Flugverkehr. Wegen der Coronakrise sei unter dem Strich trotzdem "das Erreichen der Ziele in der Periode 2013 bis 2020 wahrscheinlich", heißt es in dem Bericht.
Rechnungshof: Es drohen Milliardenkosten
Allerdings hat die EU im vergangenen September für die Zeit bis 2030 neue Klimaschutzziele ausgerufen, weil die bisherigen auf dem Weg der Klimaneutralität nicht ausreichen würden. Nun sollen die Treibhausgase bis 2030 um 55 Prozent statt wie bisher um 40 Prozent sinken. Der Anteil Erneuerbarer am Endenergieverbrauch soll nicht auf 34, sondern auf 40 Prozent steigen. Diese Ziele könnte Österreich "aus heutiger Sicht" deutlich verfehlen, schreibt der Rechnungshof in seinem diese Woche im Nationalrat vorgestellten Bericht "Klimaschutz in Österreich 2020". Weil dann als Ausgleich Emissionszertifikate zugekauft werden müssten, drohen der Republik Kosten von bis zu 9,2 Mrd. Euro. Diese Strafzahlungen müssten vermieden werden, betonte Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker. Sie empfahl allerdings, eine "zeitgerechte Strategie" für den Kauf der Zertifikate zu entwickeln. Auch die gesellschaftlichen Kosten des Klimawandels seien bereits heute sehr hoch, so die Kontrollbehörde.
Klimaschutzgesetz bleibt umstritten
Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) betonte dazu, die Berichte zeigten deutlich, dass Klimaschutz ein zentrales Thema der Politik sei. Die neuen Vorgaben der EU sowie Österreichs Ziel der Klimaneutralität bis 2040 würden gerade in das neue Klimaschutzgesetz eingearbeitet, so Gewessler weiter. Ein entsprechender Entwurf sei jedoch noch nicht fertig. Offenbar sorgt jedoch dieser Gesetzesentwurf schon jetzt für erhebliche Unruhe. Nach heftiger Kritik aller Oppositionsparteien (energate berichtete) positioniert sich auch die Wirtschaftskammer intern gegen den Plan, Steuern automatisch zu erhöhen, sobald die CO2-Pläne nicht erreicht werden. Die Tageszeitung "Standard" zitierte dazu eine interne Unterlage, wonach Generalsekretär Karlheinz Kopf den Vorstoß "eine ideologiegetriebene Bestrafungsfantasie" genannt hat (energate berichtete).
Die WKÖ lehnt laut dieser Unterlage vor allem den Wunsch der Grünen ab, Klimaneutralität bis 2040 und den Fahrplan zur Reduktion von Treibhausgasen in der Verfassung zu verankern. Das würde den politischen Handlungsspielraum künftiger Regierungen "lahmlegen". Zweifel in dieser Richtung äußerte zuletzt auch Jürgen Roth, Obmann des Fachverbands Energiehandel. Es stelle sich die Frage, ob die geplanten neuen Institutionen Klimarat, Klimabeirat und Klimakabinett "bereits eine Gesetzgebung am Parlament vorbei vorbereiten", so Roth gegenüber energate (energate berichtete). Die Arbeiterkammer hat zuletzt kritisiert, das Klimaschutzgesetz werde die Energiepreise stark steigen lassen und damit ärmere Haushalte überproportional stark treffen (energate berichtete). /pm