Berlin (energate) - Die Bundesregierung will kurz vor der parlamentarischen Sommerpause noch einige Änderungen im Energierecht auf den Weg bringen. Dabei geht es unter anderem um die Definition von grünem Wasserstoff im EEG oder um einen regulatorischen Rahmen für reine Wasserstoffnetze im EnWG. Am 7. Juni konnten sich Sachverständige, zum Beispiel aus Industrie- und Energieverbänden, in einer zweiten Anhörung des Wirtschaftsausschusses im Bundestag erneut zu den Plänen äußern.
BDEW: Vollbenutzungsstunden nicht begrenzen
Der BDEW etwa begrüßt in seiner Stellungnahme, dass Elektrolyseure von der EEG-Umlage befreit werden sollen. Jedoch hält der Verband den Rahmen, den der Bund in seinem Verordnungsentwurf vorschlägt, für zu eng gefasst. So schlägt er beispielsweise vor, keine Obergrenze der Vollbenutzungsstunden dafür festzulegen oder diese auf mindestens 6.000 Stunden anzuheben - aktuell sind maximal 5.000 förderfähig. Auch sollte der Strombezug aus dem benachbarten EU-Ausland nicht auf maximal 15 Prozent begrenzt werden und kein spezifischer Typ an Herkunftsnachweisen - derzeit gekoppelte - vorgegeben werden, mahnt der BDEW.
VKU: Plasmalyse oder Dampfreformierung einbeziehen
Auch der VKU plädiert dafür, die Verordnung weiter zu fassen. Ein Vorschlag lautet, die Kriterien für grünen Wasserstoff nicht auf die elektrochemische Wasserstofferzeugung aus Elektrolyse zu begrenzen. Gerade in der Frühphase komme es darauf an, möglichst viele technologische Ansätze auszuprobieren, so der Verband. Andere Verfahren, wie die Plasmalyse oder Dampfreformierung, sollten nicht schlechter gestellt werden. VKU-Chef Ingbert Liebing wertete als "erfreuliches Ergebnis der heutigen Anhörung", dass die meisten Sachverständige die vom VKU vertretene Forderung nach einer einheitlichen Wasserstoffregulierung, die sich mit einem technologieoffenen Wasserstoffbegriff verbinde, bestätigt hätten.
DIW: "Bedarf wird unterschätzt"
Weiter mahnt der Verband, dass die Ausbauziele im EEG 2021 nicht ausreichend seien für den steigenden Stromverbrauch - auch vor dem Hintergrund einer sich entwickelnden Wasserstoffwirtschaft. Claudia Kemfert, Klimaökonomin vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), meint, der Bedarf werde zumeist unterschätzt und fordert eine Anhebung der Ausbauziele. In den 2020er Jahren seien zum Beispiel nur geringe Importe erneuerbarer Energien und wenig Energieeinsparungen möglich, so Kemfert. Sie verweist unter anderem auf Schätzungen der Scientists for Future, die einen jährlichen Zubau von circa 30.000 MW PV und circa 9.000 MW Windkraft für nötig halten, um den Stromverbrauch im Jahr 2030 - von circa 875 Twh, so die Prognose - nahezu vollständig regenerativ abdecken zu können. Das seien etwa sechs- (PV) sowie dreimal (Wind) so viel wie bisher vorgesehen.
Dass im Jahr 2022 mehr Erneuerbare ausgeschrieben werden sollen, bewertet Carsten Pfeiffer, Leiter Strategie und Politik beim BNE, zwar positiv. Allerdings ersetzten sie nicht eine Ausrichtung der Ausbauziele sowie Gesamtmaßnahmen für erneuerbare Energien auf die neuen Klimaziele der EU sowie Deutschlands, moniert Pfeiffer. Die Große Koalition will die Mengen für das kommende Jahr bei PV um 4.000 auf 6.000 MW erhöhen und die bei Wind an Land um 1.100 auf 4.000 MW. Als "völlig unzureichend" klassifiziert Sandra Rosteck, Leiterin der Dachorganisation Hauptstadtbüro Bioenergie, darüber hinaus die Anschlussregelung für kleine Gülleanlagen. Diese ermöglichten keinen wirtschaftlichen Weiterbetrieb von kleinen Gülleanlagen nach Ablauf ihres ersten EEG-Vergütungszeitraums, so Rosteck.
Ebenfalls behandelt wurden Änderungen am Messstellenbetriebsgesetz, womit der Bund auf ein Gerichtsurteil zum Smart-Meter-Rollout reagieren will. Anne Köhler, Leiterin Gas, Dekarbonisierung & digitale Energiewende beim BNE, bewertete diese in einem Gastkommentar für energate allerdings als "enttäuschend" (energate berichtete). Bei dem Thema Regulierung von Gasnetzen haben sich Union und SPD kürzlich darauf geeinigt, dass Erdgas- und Wasserstoffnetze gemeinsam reguliert und finanziert werden sollen (energate berichtete). Der Bundestag muss die Änderungen im Energierecht bis zum 25. Juni beschließen, damit der Bundesrat diesen noch in der laufenden Legislatur zustimmen kann. /dz