Berlin (energate) - Die neue Importabhängigkeit beim Wasserstoff löst eine intensive Debatte aus. Dabei stellt sich die Frage, ob es nicht besser wäre, auf Energieeffizienz und den Ausbau der Erneuerbaren hierzulande zu setzen, als anderen Ländern deren "Energie wegzunehmen". "Große Flächen in Afrika für unsere Energieversorgung zu nutzen, das kann nicht der Weg sein", sagte Martin Kaiser, Geschäftsführer von Greenpeace Deutschland, bei einer Podiumsdiskussion im Rahmen des ersten Kopernikus-Symposiums zur Klimaneutralität in Deutschland. Er sprach in diesem Zusammenhang von einem "neokolonialen Ansatz". Dieses Statement rief bei anderen Diskussionsteilnehmern vehementen Widerspruch hervor.
Es gehe um Projekte auf Augenhöhe, sagte etwa der Wasserstoffbeauftragte der Bundesregierung, Stefan Kaufmann (CDU). 70 bis 80 Prozent des Wasserstoffbedarfs müssten zukünftig importiert werden, so Kaufmann. "Dafür kommen viele Länder infrage." Eine Abhängigkeit wie bei Öl oder Gas werde es daher nicht mehr geben. "Mit Energieeffizienz alleine werden wir die Klimaziele nicht erreichen", sagte auch Walter Leitner, Wissenschaftler beim Max-Planck-Institut für Chemische Energiekonversion und der RWTH Aachen. Er plädierte für globale Partnerschaften, die Wertschöpfung in den Exportländern generiere.
Wasserstoff im Austausch gegen Technologien
"Wir dürfen nicht nur die Innovationen in Deutschland sehen, sondern müssen auch über Innovationen aus Deutschland reden", sagte wiederum Thorsten Herdan, Abteilungsleiter im Bundeswirtschaftsministerium. Das flächenmäßig kleine Deutschland mit gleichzeitig sehr hohem Energieverbrauch sei auf Energielieferungen angewiesen. Deutschland wiederum könne Technologien liefern. "Wasserstoff wird eine gigantische Lösung sein, aber er wird knapp und teuer bleiben", schränkte Gunnar Luderer vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) ein. Häufig sei die direkte Elektrifizierung effizienter, auch beispielsweise im Wärmemarkt. Das wiederum rief Widerspruch von BDEW-Hauptgeschäftsführerin Kerstin Andreae hervor, die betonte, dass dekarbonisierte Gase auch im Wärmemarkt eine wichtige Rolle spielen werden.
Konkrete Wege zur Klimaneutralität
Mit welchen Innovationen und Technologien ein klimaneutrales Energiesystem umgesetzt werden kann, ist Thema der vom Bundesforschungsministerium geförderten Kopernikus-Projekte (energate berichtete). Die dazugehörigen Forschungsinitiativen Ensure, Synergie, P2X und Ariadne beschäftigen sich dabei auch mit der Wasserstofferzeugung in internationalen Kooperationen. "Wichtig ist in der nächsten Phase der Energiewende, dass wir nicht nur Ziele setzen, sondern auch konkrete Wege dahin ausbuchstabieren", sagte Ottmar Edenhofer, Sprecher des Kopernikus-Projektes Ariadne. Die europäische Klimapolitik gebe die Richtung vor. Deutschland könne nicht nur technologischer Innovationstreiber sein, sondern mit sozialverträglichen Instrumenten und regulatorischem Rahmen auch den Takt angeben. /ck