Wien (energate) - Der Fachverband Austropapier erhebt schwere Vorwürfe zu der im Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) geplanten Subventionierung von Biomasse. Der Österreichische Biomasseverband weist gegenüber energate die Behauptungen als "Missinterpretation" zurück. Nach Berechnungen von Austropapier ergeben die Ausbauziele im EAG für die Biomasse nicht wie bisher offiziell angekündigt 1 TWh, sondern 2 TWh. Damit würden allein auf die Biomasse 400 Mio. Euro Förderungen pro Jahr entfallen. Für andere erneuerbare Erzeugungsarten bliebe viel weniger Geld übrig, so der Verband. In einem Brief an die Bundesregierung schreibt Verbandspräsident Kurt Maier deshalb von einem "Milliardenfass ohne Boden" und befürchtet eine "Kostenexplosion" für alle Stromkunden.
Dies ist nicht der erste Konflikt zwischen der Papierindustrie und der Biomassebranche. Die Papierindustrie konkurriert mit Betreibern von Biomasseanlagen um denselben Rohstoff, Holz. Gleichzeitig ist sie als energieintensive Industrie selbst ein bedeutender Stromkonsument. Dazu kommt, dass die Papierindustrie selbst nach eigenen Angaben aus Abfallmaterial rund ein Zehntel des in Österreich erzeugten Ökostroms produziert. "Unsere Stromerzeugung aus Biolauge wird nicht subventioniert", betonte dazu Austropapier-Sprecherin Julia Löwenstein gegenüber energate.
Die Berechnung hinter dem Ausbauziel von 2 TWh
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Der tatsächliche Zubau von 2 TWh erkläre sich wie folgt, so Austropapier: Jährlich soll es einen Anlagenzubau von mindestens 30 MW Leistung geben, je die Hälfte davon für Anlagen mit weniger als 500 kW und für Anlagen über dieser Grenze. Ausgelegt ist das EAG bekanntlich auf eine Zeitphase von etwa einem Jahrzehnt. Aktuell seien in Österreich Anlagen mit 300 MW elektrischer Leistung in Betrieb, die 2 TWh pro Jahr erzeugen, so der Verband mit Verweis auf den jüngsten Ökostrombericht. "Angenommen, die neuen Anlagen haben vergleichbare Volllaststunden wie die bestehenden, dann ergibt sich ein Zubauvolumen von 2 TWh Ökostrom", schlußfolgert der Verband. Bestehende und neu zu errichtende Biomassekraftwerke würden demnach allein 400 Millionen Euro der mit einer Milliarde Euro veranschlagten jährlichen Fördergelder binden. "Dadurch ist entweder die Obergrenze von einer Milliarde Euro Förderung nicht zu halten oder es kommt zu einer krassen Benachteiligung aller anderen Hersteller von sauberer Energie", so Verbandschef Maier.
Austropapier fordert daher einen gesetzlich verankerten Kostendeckel bei den Förderungen im EAG, wie das auch SPÖ-Energiesprecher Alois Schroll wiederholt getan hat (energate berichtete). Zudem sei eine deutlich höhere Effizienz bei den Biomasseanlagen notwendig. "Es ist nicht davon auszugehen, dass Bestandsanlagen wegfallen oder repowert werden, da sie laut EAG bis zum dreißigsten Betriebsjahr gefördert werden können und kaum eine Anlage dreißigstes Betriebsjahr vor 2030 erreicht", so der Verband. Auch bei Neuanlagen sei die gesetzlich geforderte Effizienz mit 60 Prozent viel zu niedrig. Diese Vorgabe bestehe seit 15 Jahren und sei auch im EAG unverändert übernommen worden, kritisiert der Verband. Zudem sollen Anlagen dort errichtet werden, wo es auch Abnehmer für Wärme gebe.
ÖBMV: Die Behauptungen sind "Missinterpretation"
Der Österreichische Biomasse-Verband (ÖBMV) weist gegenüber energate sowohl diese Forderungen als auch die Berechnungen dahinter zurück. "Die Papierindustrie missinterpretiert hier die Datenlage", so der ÖBMV. "Der im aktuellen Entwurf des EAG vorgesehene Zubaupfad entspricht dem in der Regierungsübereinkunft festgeschriebenem Zubau auf insgesamt 3 TWh Stromerzeugung aus Biomasse." Das heißt, dass nach Ansicht dieses Branchenverbands der geplante Zubau sehr wohl nur 1 TWh beträgt. Weiters heißt es seitens des ÖBMV, mit dem vorgeschlagenen Vergabekontingent müssten auch aus dem System gefallene Anlagen ersetzt und Revitalisierungen durchgeführt werden. Das werde zu keiner Erhöhung der Stromproduktion führen. Zudem starte der Ausbau zeitverzögert, da es mehrere Jahre dauere, bis Anlagen in Betrieb gingen und tatsächlich Strom lieferten. /pm