Wien (energate) - Technologieoffenheit in der Energiewende und in der Wärmewende war eine der zentralen Forderungen der Gäste auf dem Podium des "Zukunftsforum Gas 2021". Österreichs große Gasleitungen und Gasspeicher seien per se klimaneutral, und das gelte es zu nutzen, betonte Peter Weinelt, Obmann des Fachverbands Gas Wärme (FGW). "Österreich liegt in der Mitte Europas und hat aus historischen Gründen bei den Gasleitungen eine starke Anbindung an Europa, und Osteuropa an Österreich. Hier liegt unsere Chance, auch in der künftigen Wasserstoffwirtschaft eine zentrale Drehscheibe zu werden", so Weinelt zum Auftakt der Fachveranstaltung. Dringend nötig seien jedoch klare gesetzliche Rahmenbedingungen für grünes Gas und auch eine Wasserstoffstrategie. "Rund um Österreich entstehen gerade leistungsfähige Wasserstoffnetze. Wir müssen da endlich andocken, sonst führen diese Leitungen an uns vorbei."
"Österreich muss auf Innovationen statt auf ideologisch motivierte Verbote setzen", betonte auch Karlheinz Kopf, Generalsekretär der Wirtschaftskammer. "Von der zuständigen Ministerin ist bekannt, dass sie sehr klimapolitisch orientiert ist. Das ist gut, aber wir sollten nicht die Wirtschaft aus Europa vertreiben", so Kopf an die Adresse der Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne). Die Politik müsse auch den Unternehmen Zeit geben bei der Transformation. Mit Technologieoffenheit könne eine "starke Innovationskraft entstehen, wenn wir den Forschungsinitiativen zu grünen Gasen die Tür öffnen", so Kopf. Auch Magnus Brunner (ÖVP), Staatssekretär im Klimaschutzministerium (BMK), betonte die Bedeutung von Innovationen. "Wir kennen erst rund 30 Prozent der Technologien, mit denen die Klimaziele für 2030 erreicht werden können. Statt Verboten müssen wir deshalb Anreize setzen", so Brunner. In der Energiewende sehe er europaweit Österreich im Bereich der Erneuerbaren als Vorbild, Dänemark bei der Nutzung der Windkraft und insbesondere von Offshore. Bei Wasserstoff liege Deutschland aktuell dank seiner Wasserstoffstrategie vorne.
"Ohne Gas geht sich das mit der Energiewende nicht aus"
Stefan Stallinger, Technischer Vorstandsdirektor Energie AG, schilderte die Situation am Industriestandort Oberösterreich. "Oberösterreich kann als gute Modellregion dienen, denn wir haben große Erzeuger und wir haben große industrielle Verbraucher. Und wir sehen: Wenn man große Energiemengen zu großen Verbrauchern schicken muss, dann kommt man am Gas nicht vorbei. Beschränkt man sich nur auf wenige Technologien, dann geht sich das mit der Energiewende nicht aus: Wir müssen uns vom ideologischen Zugang verabschieden."
Zum Einspeisen von Wasserstoff ins Gasnetz betonte Michael Haselauer, Präsident der Österreichischen Vereinigung für das Gas- und Wasserfach (ÖVGW): "Unsere Gasnetze sind zukunftsfit. Wir können inzwischen zehn Prozent Wasserstoff einspeisen" (energate berichtete). Vor diesem Hintergrund forderten Vertreter des FGW und der Österreichischen Vereinigung für das Gas- und Wasserfach (ÖVGW) "weder Gebote noch Verbote, sondern Anreize, Forschung und Technologieoffenheit."
Schweiz als Vorreiter bei der Einspeisung
Haselauer verwies dabei auch auf das Beispiel Schweiz. Dort hat eine Volksabstimmung eine stufenweise Anhebung des CO2-Preises abgelehnt. Daniela Decurtins, Direktorin des Verbands der Schweizerischen Gasindustrie, schilderte jedoch die Vorreiterrolle ihrer Branche in einem anderen Bereich: bei der Einspeisung von erneuerbaren Gasen. Mit Förderungen und einer Anschubfinanzierung hat es demnach die Schweiz geschafft, die Inlandproduktion in den vergangenen acht Jahren zu verzehnfachen. Aktuell sind im Schweizer Wärmemarkt vier Prozent grünes Gas. Für 2030 hat sich das Land einen Anteil von 30 Prozent an erneuerbaren Gasen vorgenommen. /pm