Wien (energate) - Die Vereinbarkeit kleinerer Wasserkraftwerke mit der Ökologie von Flüssen sowie diesbezügliche Regelungen im Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) waren zentrale Fragen einer Diskussionsrunde in Wien. Diese vom Verein Kleinwasserkraft Österreich veranstaltete Diskussion verlief durchaus kontrovers. "Die Bezeichnung 'Ökostrom' ist irreführend, weil Ökostromanlagen nicht per se und in jedem Fall ökologisch, das heißt naturverträglich, produzieren", sagte etwa Doris Pennetzdorfer vom Umweltdachverband. Dagegen erklärte Paul Ablinger, Geschäftsführer von Kleinwasserkraft Österreich: "Bei der Umstellung auf Erneuerbare wird es ohne den Ausbau der Kleinwasserkraft nicht gehen. Und bereits jetzt sorgt eine Vielzahl an Regelwerken dafür, dass neue oder revitalisierte Kraftwerke zu keiner Verschlechterung der Gewässer führen dürfen."
Die Kleinwasserkraft ist einerseits eine wichtige Säule bei der Erzeugung von erneuerbarem Strom. Ihre rund 4.000 Anlagen mit einer Leistung bis 10 MW produzieren hierzulande etwa 6,6 Mrd. kWh im Jahr und damit knapp ein Zehntel des heimischen Strombedarfs. Auch im EAG ist ihnen und der Wasserkraft insgesamt ein Zubau von 5 Mrd. kWh zugedacht. Andererseits begleiten diese Erzeugungsart permanente Vorwürfe einer Umweltbeschädigung. Auch das EAG nimmt diesen Punkt auf. Hier gilt bei den Förderungen für Revitalisierungen eine Obergrenze von 10 MW, auch gibt es Vorgaben zur Gewässerökologie. "Das EAG regelt klar, was förderungswürdig ist und was nicht. Das soll lange Verfahren verhindern. Betreiber sollen wissen: Wenn ich in einem sehr guten gewässerökologischen Zustand baue, dann bekomme ich keine Förderung", erklärte dazu Lukas Hammer, Energiesprecher der Grünen.
Es gibt bereits zahlreiche Regelungen neben dem EAG
Die Gewässerökologin Regina Petz-Glechner hielt dagegen: Diese Regelungen würden Projekte nicht vereinfachen, sondern nur für mehr Bürokratie sorgen. Auch Paul Ablinger betonte, dass es grundsätzlich gut sei, wenn sehr gute Gewässerstrecken geschützt würden. "Aber leider werden durch § 10 des EAG auch Revitalisierungen verhindert." Dabei sorgen Ablinger zufolge bereits jetzt Regularien wie die Wasserrahmenrichtlinie nach dem Weserurteil, der Nationale Gewässerbewirtschaftungsplan (energate berichtete) oder das Wasserrechtsgesetz für sehr hohe ökologische Standards. Private Investoren würden zudem "Maßnahmen setzen, die ansonsten gänzlich aus Steuern finanziert werden müssten. Warum es hier also noch zusätzliche Kriterien im EAG braucht, ist für uns völlig unverständlich", so Ablinger. Unbeachtet bleibe außerdem, dass die Fließgewässer durch die Fischerei, Landwirtschaft, den Verkehr oder durch Bauten zum Hochwasserschutz ebenfalls belastet werden.
Daher seien sowohl Revitalisierungen bestehender als auch die Errichtung neuer Kraftwerke ökologisch und ökonomisch sinnvoll, so Ablinger weiter. "Die meisten Neubauten entstehen auf bereits bestehenden Querbauwerken. Und die Kleinwasserkraft macht hier ihre Aufgaben. Restwasserabgaben, Fischwanderhilfen, Fischschutzmaßnahmen gehören zum Standard." Der Bund müsse tausende Querbauwerke rückgängig machen, forderte auch Petz-Glechner. Dagegen stellte Pennetzdorfer auch bei diesem Punkt den Umweltschutz in den Vordergrund: "Es ist in manchen Fällen angebracht, ein Querbauwerk gänzlich zu entfernen - dort, wo es aufgrund des hohen ökologischen Naturpotenzials Sinn ergibt."
"Es wird größere Probleme geben als ein Kraftwerk oder ein Windrad"
Lukas Hammer äußerte vor diesem Hintergrund sein Bedauern darüber, dass hier "Leute mit sehr weitreichend gleichem Weltbild miteinander streiten." Die größte Gefahr sei die Klimakrise. "Es ist bei den Naturschützern leider noch zu wenig angekommen, dass sich sowieso etwas ändert. Auch wenn wir eine Begrenzung der Klimaerwärmung auf zwei Grad schaffen, werden sich unsere Landschaften massiv verändern. Was wir brauchen, sind resiliente Ökosysteme. Da gibt es größere Probleme als die Kleinwasserkraft oder ein Windrad." Die ökologischen Vorgaben im EAG sollen demnach dafür sorgen, dass "die Medizin nicht schlimmer ist als die Krankheit." /pm
Zwei Zitate in diesem Artikel wurden am 1. Juli 2021 korrigiert.