Kiew/Moskau (energate) - Von 15 Mio. Kubikmetern pro Tag auf 650.000 Kubikmetern hat Gazprom Export seine monatliche Buchung von Entry-Kapazität in die Ukraine für September verringert. Dies ergibt sich aus dem von der Buchungsplattform RBP veröffentlichten Ergebnis der monatlichen Kapazitätsauktion. Der ukrainische Fernleitungsnetzbetreiber Gas Transmission System of Ukraine bietet am zentralen Verbindungspunkt zwischen dem russischen und ukrainischen System Sudzha monatlich 15 Mio. m3/Tag als feste Kapazität an. Für die Monate Mai bis August hatte Gazprom Export in jedem Monat diese Kapazität vollständig gebucht. Bei der heutigen Auktion für September wurden nur die schon genannten 650.000 m3/Tag gebucht. "Das ist ein Witz", sagte ein Händler. Erklärungen für diese drastische Reduzierung der zusätzlichen Buchung gibt es nicht. Auch Twitter-Diskussionen dazu sind vor allem von Rätselraten gekennzeichnet. Die Preise an den Handelsmärkten für Gas reagierten sofort. Der Preis für den Front-Monat September stieg an der TTF von 45,95 Euro/MWh gestern zum Handelsschluss bis auf 48,00 Euro/MWh. Am späteren Nachmittag gab der Preis rund 0,50 Euro/MWh nach. Die monatlichen Buchungen erfolgen zusätzlich zu den Kapazitätsbuchungen, die zwischen Gazprom und der ukrainischen Naftogaz Ende 2019 vereinbart wurden. Sie betragen 40 Mrd. m3/a bis 2024.
Gasflüsse seit Monatsbeginn reduziert
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Gazprom hatte schon zu Beginn des Monats August die Gasflüsse am polnisch-deutschen Grenzübergangspunkt Mallnow von rund 83 auf 50 Mio. m3/Tag reduziert. Vermutlich auf Grund eines Feuers in einer Gasaufbereitungsanlage in Urengoy am 6. August sank der Fluss dann bis auf 21 Mio. m3/Tag und liegt weiter auf dem niedrigen Niveau. Einige Marktbeobachter spekulieren, dass der Ausfall in Urengoy zu längerfristigen Einschränkungen führt. Gazprom Export könnte dann im September die Transitroute durch Polen für Mengen nutzen, die bisher zusätzlich durch die Ukraine transportiert wurden und Geld für zusätzliche Buchungen sparen.
Die niedrigen russischen Gasflüsse führen dazu, dass die von Gazprom genutzten Speicher weiter geleert werden. Der Speicher Rehden weist noch einen Füllstand von 6,40 Prozent auf, der Speicher Haidach, der von dem Gazprom-Speicherbetreiber GSA betrieben wird, einen Füllstand von rund drei Prozent. In Haidach dürften kaum weitere Entnahmen möglich sein. Im Frühjahr hatte der zweite Betreiber in Haidach, die deutsche Gazprom-Tochtergesellschaft Astora, schon Arbeitsgas auf GSA übertragen.
Branchenverband warnt vor Dramatisierung
Timm Kehler, Vorstand der Brancheninitiative Zukunft Gas, warnte in einem Statement vor einer Dramatisierung der Situation. Nach dem Kenntnisstand der Initiative erfülle Gazprom alle vertraglichen Verpflichtungen gegenüber Kunden. Angesichts der gegenüber letzten Sommer stark gestiegenen Großhandelspreise hätten viele Händler in diesem Sommer die Speicher geleert.
Einige Händler und Marktteilnehmer beginnen sich jedoch zu fragen, wie Gazprom Export im Winter noch agieren will - vor allem, wenn Nord Stream 2 nicht vor Ende des Jahres in Betrieb geht. Insgesamt sind die deutschen Speicher zu 54,50 Prozent gefüllt. Der niedrigste Füllstand in den vergangenen zehn Jahren zu diesem Zeitpunkt lag bei 65 Prozent im August 2018. Nach energate-Informationen werden in den kommenden Tagen Vertreter der Fernleitungsnetzbetreiber und des Wirtschaftsministeriums über die Situation sprechen. Aber Handlungsoptionen bestehen im Grunde kaum, hört man von vielen Marktteilnehmern./hl