Jenbach (energate) - Der auf Gasmotoren spezialisierte Tiroler Hersteller Innio Jenbacher bringt einen Gasmotor für den Betrieb mit Wasserstoff auf den Markt. Die Motoren der neuen Baureihe mit Leistungen zwischen 500 und 900 kW können mit bis zu 100 Prozent Wasserstoff betrieben werden, so das Unternehmen. Ab dem kommenden Jahr will Innio alle seine Baureihen mit der Option auf die Beimischung von 25 Prozent Wasserstoff anbieten. Zudem können nach Angaben des Herstellers die meisten der derzeit installierten Jenbacher Erdgasmotoren auf den Betrieb mit 100 Prozent Wasserstoff umgerüstet werden. Wenn Wasserstoff eines Tages leichter verfügbar sei, werde dies ein Vorteil für Kunden sein, die heute in Gasmotoren investieren, so Konzernchef Carlos Lange.
Feldversuch in Hamburg-Othmarschen
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Diesem Schritt auf den Markt gingen jahrelange Tests voraus. Vor zwanzig Jahren nahm Innio Jenbacher, das damals zum US-Konzern General Electric gehört hat, eine 150-kW-Demonstrationsanlage in Betrieb, die nur mit Wasserstoff betrieben werden konnte. Im November des Vorjahres starteten die Tiroler und der Hamburger Versorger Hansewerk den weltweit ersten Feldtest für den Wasserstoffbetrieb bei einem 1-MW-Großgasmotor. Der Motor läuft in einem Blockheizkraftwerk und liefert Nahwärme für Hamburg-Othmarschen. Der Motor lässt sich auch mit Erdgas sowie Wasserstoff-Beimischungen betreiben. Die Tests sollen unter anderem Erkenntnisse dazu liefern, welche Gemische sich eignen.
Forscher beim Einsatz im Wärmebereich skeptisch
Allerdings sind viele Forscher skeptisch, was den Einsatz von Wasserstoff im Wärmebereich und bei der Stromerzeugung angeht. Klimaneutraler Wasserstoff werde auf absehbare Zeit knapp und teuer bleiben, heißt es etwa in einer Analyse des Öko-Instituts. Im Wärmemarkt müsste der Preis für klimaneutralen Wasserstoff auf 1,50 Euro/kWh sinken, damit das Gas hier konkurrenzfähig wäre (energate berichtete). Deshalb sei eine Förderung in diesem Bereich angesichts der Knappheit von Wasserstoff ineffizient. Auch das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) hat zuletzt im Juni darauf hingewiesen, dass Wasserstoff zwar ein "beeindruckend vielseitiger Energieträger" sei. Allerdings seien auch dessen Kosten und Risiken "beeindruckend". Für die meisten Sektoren sei die direkte Nutzung von Elektrizität wirtschaftlich sinnvoller. Wasserstoff sollte daher vor allem in Bereichen eingesetzt werden, die sich nur schwer direkt elektrifizieren ließen, etwa in der chemischen und der Stahlindustrie.
Dagegen plädiert Eva Hennig von der Thüga, dem größten deutschen Verband kommunaler Versorger, für den Einsatz von Wasserstoff auch im Wärmebereich. Dass Wärme allein mit erneuerbarem Strom und Fernwärme erzeugt werden solle, sei "unrealistisch und unbezahlbar", betonte Hennig auf einer Tagung der E-Control im Frühjahr in Wien (energate berichtete).
4.000 Jenbacher Gasmotoren gegen Beinahe-Blackout im Einsatz
Innio Jenbacher verweist in dem Zusammenhang darauf, dass flexible Gasmotoren eine zentrale Ergänzung zu den schwankenden Erneuerbaren seien. Das Unternehmen beliefert Kommunen und die Industrie weltweit mit Gasmotoren mit Leistungen zwischen 200 kW und 10 MW. Der Konzern verweist auch darauf, dass heuer am 8. Jänner wegen des Beinahe-Blackouts in Europa rund 4.000 Jenbacher Gasmotoren mit einer Gesamtkapazität von 6 Mio. kWh im Einsatz waren, um das Stromnetz zu stabilisieren. Das sei aus Steuerungssystemen ersichtlich gewesen, so Innio Jenbacher. Auch grundsätzlich sei die Nachfrage nach Gasmotoren besonders für Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen stabil, so der Hersteller.
Regelmäßig liefern die Tiroler Technologie nach Deutschland. So ging etwa Anfang des Vorjahres bei den Stadtwerken Kiel in Norddeutschland eine neue Kraft-Wärme-Kopplungsanlage in Betrieb, in der 20 Motoren von Jenbacher eine elektrische Leistung von 190 MW und eine thermische Leistung von 192 MW liefern. Ebenfalls im Vorjahr hat das Unternehmen das Heizkraftwerk Köln-Merheim der Rheinenergie mit Motoren beliefert, die eine elektrische und thermische Leistung von jeweils 10 MW haben. Heuer im Frühjahr lieferte Jenbacher unter anderem Technologie an das Heizkraftwerk Römerbrücke des saarländischen Versorgers Energie Saarlorlux. /pm