Görlitz (energate) - Die beiden Nachbarstädte Görlitz und Zgorzelec planen den Aufbau einer grenzüberschreitenden, CO2-neutralen Wärmeversorgung. Regulatorisch gebe es dabei viele Herausforderungen, die Stimmung für das Vorhaben in der sogenannten deutsch-polnischen Europastadt sei aber sehr positiv, sagte Matthias Block, Vorstandsvorsitzender der Stadtwerke Görlitz, im Interview im Rahmen unserer Sommerserie zur Wärmewende. Bis zum Zweiten Weltkrieg gehörten die Ortsteile westlich und östlich der Neiße noch zusammen. Nun sollen Görlitz und Zgorzelec zumindest bei der Wärmeversorgung wieder zusammenwachsen.
Der Görlitzer Stadtwerkechef sieht auf dem Weg dahin noch so manche Hürde. Die wesentlichste ist eine möglichst hohe Förderquote. "Wir streben eine Förderquote von mindestens 70 Prozent an", sagte Block zu energate. Für den Umbau der bestehenden Wärmeerzeugungsanlagen und der netztechnischen Verbindungen über die Neiße veranschlagen die Projektpartner mindestens 80 Mio. Euro. "Das ist eine Größenordnung, die für uns ohne Förderung nicht zu schultern wäre", betonte er. Schließlich müsse Ziel sein, auch in Zukunft sozialverträgliche Wärmepreise anzubieten. Und das gilt auch für die polnische Seite, wo die Wärmepreise staatlich festgelegt werden und diese damit deutlich unter dem Görlitzer Niveau liegen.
Wasserstoff eine Option
In Görlitz liefern heute noch mehrere gasbetriebene BHKW aus den 1990er-Jahren die Wärme. Wie diese durch CO2-neutrale Technologien ersetzt werden können, soll eine Machbarkeitsstudie zeigen (energate berichtete). "In unseren Überlegungen spielen Biomasse, Wärme aus Abwasser oder aus Klärgas eine Rolle", erläuterte Block. Aber auch Wasserstoff könne eine Komponente sein, schließlich ist Görlitz Standort eines Wasserstoff-Forschungszentrums von Siemens Energy und der Fraunhofer-Gesellschaft. "Wir würden Wasserstoff sehr gerne im Rahmen eines Pilotprojekts in unser Vorhaben einbinden", führte Block aus. Maßgeblich sei letztlich aber, welche Technologien förderfähig sind.
Zgorzelec muss weg von der Kohle
Auf polnischer Seite ist die Herausforderung ungleich größer. In Zgorzelec wird die Wärme heute noch zu 100 Prozent aus Kohle erzeugt. Schon bis Ende 2022 muss sich das ändern, da die EU-Emissionsrichtlinie dann nur noch einen maximal 50-prozentigen Anteil der Kohle in der Wärmeversorgung gestattet. "Deshalb wird es dort mit Sicherheit eine Zwischenlösung mit gasbetriebenen BHKW geben müssen", erklärte Block. Ziel bleibe aber, bis 2030 eine komplett CO2-neutrale Fernwärmeversorgung zu gewährleisten, "und zwar westlich und östlich der Neiße", so der Stadtwerkechef. /cs
Das ganze Interview mit Matthias Block lesen Sie im heutigen Add-on Gas & Wärme.
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