Brunsbüttel/Hamburg (energate) - Das in Brunsbüttel geplante Importterminal für verflüssigtes Erdgas (LNG) kann perspektivisch auch zum Aufbau einer Infrastruktur für Wasserstoff und grüne Gase beitragen. Als Import-Hub für Norddeutschland sei der Standort grundsätzlich sehr gut geeignet. Zu diesem Schluss kommt eine Untersuchung der Technischen Universität Hamburg (TUHH), deren Ergebnisse jetzt vorliegen. Die Projektgesellschaft German LNG Terminal hatte die Kurzstudie von Martin Kaltschmitt, Professor am Institut für Umwelttechnik und Energiewirtschaft (IUE) der TUHH, im Juli angekündigt (energate berichtete).
"Soll die Energieversorgung Deutschlands bis 2045 klimaneutral realisiert werden, wird dies mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit nur durch einen zusätzlichen Import grüner Energie in einer energiewirtschaftlich relevanten Größenordnung möglich sein", so Kaltschmitt zu den Ergebnissen der Untersuchung. Hierfür biete sich die Einfuhr von grünem Methan oder grünem Wasserstoff an, der sowohl in Reinform als auch in Form eines Wasserstoffderivats wie beispielsweise Ammoniak transportiert werden könne. Ein LNG-Terminal, wie es für Brunsbüttel geplant ist, könne mittelfristig auch "multifunktional" für die Anlandung von Wasserstoff genutzt werden. "Dies ist aus technischer Sicht grundsätzlich umsetzbar und auch anzustreben, wenngleich für die einzelnen tiefkalten Energieträger unterschiedliche technische - und somit mehr oder weniger aufwendige - Anpassungen im Vergleich zu einem klassischen LNG-Terminal notwendig sind", so der Studienleiter weiter. Das Handling von flüssigem Ammoniak sei dabei wahrscheinlich insgesamt etwas einfacher als das von flüssigem Wasserstoff.
Auf Energieimporte angewiesen
ThemenseitenAuf folgenden Themenseiten finden Sie weitere Meldungen zum Thema. Forschung und Entwicklung Wasserstoff
Brunsbüttel biete durch seine Lage mit einer guten see- und landseitigen Anbindung und der Nähe zur Industrie gute Perspektiven. So seien Anschlüsse an das existierende Verteil- und Fernleitungsnetz für Erdgas und viele potenzielle industrielle Verbraucher in Norddeutschland gegeben. Zudem liege der Standort in einem Gebiet, das derzeit sehr innovativ und forciert eine Wasserstoffwirtschaft entwickeln will, heißt es in der Studie weiter. Dies lasse auf Synergieeffekte und Entwicklungspotenziale schließen. Zudem geht die Studie davon aus, dass Deutschland in Zukunft grüne Energien - potenziell in Form von Wasserstoff - in relevanten Größenordnungen importieren muss. Deshalb müsse Erfahrung im Umgang mit der Logik tiefkalter Flüssigkeiten gesammelt und eine entsprechende Importinfrastruktur sukzessive aufgebaut werden, empfehlen die Studienautoren. Ein LNG-Terminal in einer wasserstoffaffinen Region könnte mit steigender Nachfrage Schritt für Schritt zu einem entsprechenden Import-Hub transformiert werden. Ein erster Übergangsschritt auf diesem Weg könnte die Einfuhr von grünem LNG biogenen Ursprungs sein, aus dem per Dampfreformierung grüner Wasserstoff gewonnen wird.
Erst LNG, dann Wasserstoff
Aus Sicht der German LNG Terminal bekräftigen die Studienergebnisse die eigene Einschätzung, dass Deutschland weiterhin Energie importieren muss. Weil erneuerbare Energien nicht in ausreichendem Maße zur Verfügung stehen, sei das Land auf die Einfuhr von grünem Wasserstoff angewiesen, auch in flüssiger Form auf dem Seeweg. Hierfür sei der Standort Brunsbüttel sehr gut geeignet. Die Projektgesellschaft stellt aber auch klar, dass sie zunächst einmal an ihren bestehenden Plänen festhalten und nicht sofort auf Wasserstoff umstellen will. "Wir planen zunächst einmal den Bau und die Umsetzung eines LNG-Terminals", so ein Sprecher. Das Terminal könne aber auch so unmittelbar für eine klimafreundliche Energieversorgung eingesetzt werden, etwa über den Umschlag von synthetischem oder biogenen LNG. Im Juni hat German LNG Terminal die Planfeststellung für das Projekt beantragt (energate berichtete). Die endgültige Investitionsentscheidung werde getroffen, wenn alle Genehmigungen vorliegen, heißt es. /tc