Essen (energate) - Für energiewirtschaftliche Unternehmen gewinnt das Thema Green Finance an Bedeutung. "Grüne Anleihen sind zentraler Bestanteil unserer Finanzstrategie", bestätigt etwa der Übertragungsnetzbetreiber 50 Hertz. "Die Nachhaltigkeitsperformance wird sich verstärkt in den Kapitalkosten niederschlagen", ist sich der Energieversorger EnBW sicher. Auch RWE, Uniper und Eon befragte energate zu dem Druck aus den internationalen Finanzmärkten zu mehr Nachhaltigkeit und den Auswirkungen auf die eigenen Finanzierungskosten. "Green Bonds" stehen im Mittelpunkt der Entwicklung eines nachhaltig orientierten Finanzwesens, erklärt Eon. Vier von fünf der befragten Unternehmen gaben an, bereits grüne Anleihen begeben zu haben. Von Vorteil ist das vor allem für Unternehmen, die aufgrund ihres Geschäftsmodells grüne Anleihen begeben können, bestätigte auch Uniper.
Taxonomie-Verordnung soll Transparenz schaffen
Die Kriterien, was als grün gilt, hat die Europäische Union kürzlich definiert. Im April dieses Jahres brachte die Europäische Kommission die Taxonomie-Verordnung auf den Weg. Das europäische Gesetz soll mehr Transparenz an den Finanzmärkten schaffen. Anleger sollen ohne Greenwashing in nachhaltige Technologien und Unternehmen investieren können. Auch wenn RWE vor allem mit der Braunkohlenutzung assoziiert wird, investiert der Konzern mittlerweile große Summen in den Ausbau des erneuerbaren Portfolios. Dennoch stieß der Großaktionär Enkraft Capital erneut die Diskussion um eine Abspaltung der Braunkohlesparte an. Die zögerliche Transformationsstrategie mindere den Wert der RWE-Aktie (energate berichtete). Der Konzern schätzt hingegen, dass 90 Prozent der eigenen Investitionen die Nachhaltigkeitskriterien der EU-Kommission erfüllen.
Die Nachfrage nach grünen Anleihen ist zumindest da. "Für internationale Investoren wird das Thema Nachhaltigkeit bei ihren Anlageentscheidungen immer wichtiger", bestätigte Eon. Auch die Europäische Zentralbank (EZB) verschärft den ohnehin wachsenden Druck aus dem privaten Finanzsektor. Der Rat der Europäischen Zentralbank hat in diesem Jahr verkündet, künftig Klimaschutzaspekte in die Geldpolitik einfließen zu lassen. In der Finanzbranche sorgte das für viel Aufregung. "Interessant wird sein, welche spezifischen Parameter die EZB anwenden wird, wenn es um die Über- beziehungsweise Untergewichtung von Emittenten und deren Anleihen im Rahmen eines Anleihekaufprogramms der EZB geht", kommentiert 50 Hertz. Der Energieversorger EnBW prophezeit dem Thema Nachhaltigkeit für Emittenten durch den EZB-Plan eine stärkere Bedeutung.
Netzausbau als grüne Investitionen
Der Übertragungsnetzbetreiber 50 Hertz sammelte bereits positive Erfahrungen. Im Jahr 2020 begab das Unternehmen eine erste grüne Anleihe mit einem Volumen von 750 Mio. Euro. "Unsere Erfahrung aus der grünen Anleihe zeigt, dass Investoren Anleihen bevorzugen, bei denen ausgewählte grüne Projekte finanziert werden", berichtet der Netzbetreiber. "Dies bietet mehr Transparenz und Klarheit, wofür die Mittel verwandt werden, der Investor kann sie leichter nach eigenen Maßstäben bewerten und seinen Portfolios zuordnen." Als Netzbetreiber sieht sich 50 Hertz gut für die Nachhaltigkeitsanforderungen aus dem Finanzsektor gewappnet. "Aufgrund der Natur unserer Investitionen, die ja im wesentlichen Investitionen in den klimaverträglichen Systemumbau sind, und der Bewertung unserer Branche im Rahmen der EU-Taxonomy gehen wir davon aus, dass unsere Projekte weitgehend als nachhaltig eingeschätzt werden", erklärte das Unternehmen.
Der Trend zeigt sich auch bei Energieversorgern. Eon und EnBW teilten mit, künftig stärker für den Ausbau der erneuerbaren Energien, des Stromnetzes und der Ladeinfrastruktur auf grüne Anleihen zu setzen. Für den Energiesektor ergeben sich neben einer zusätzlichen Chance für die Finanzierung neuer Assets, auch stärkere Anreize zu grünen Geschäftsmodellen. "Wir glauben, dass eine grüne Geldpolitik eine Motivation sein kann, dass sowohl Kapitalanleger als auch Unternehmen weitere Schritte zu mehr Nachhaltigkeit unternehmen", so die EnBW.
Uniper kündigt Investitionen in erneuerbare Energien an
Weniger weit fortgeschritten ist das Thema hingegen bei Uniper. Unter den fünf befragten Energiekonzernen ist es das einzige Unternehmen, dass noch keine grüne Anleihe emittiert hat. Der Kraftwerksbetreiber steht vor einer größeren Transformation. Zuletzt kippte das Oberverwaltungsgericht für Nordrhein-Westfalen den Bebauungsplan für das Steinkohlekraftwerk Datteln IV, was erst 2020 ans Netz gegangen ist (energate berichtete). Negative Auswirkungen auf die Kapitalkosten, durch beispielsweise eine grüne Geldpolitik der EZB, sieht Uniper nicht. Dennoch räumt der Kraftwerksbetreiber ein, dass klimabezogene Chancen und Risiken bei nahezu allen Entscheidungen im Finanzbereich in den letzten Jahren kontinuierlich an Bedeutung gewonnen haben. Ob auf Druck der finanziellen Stakeholder hin oder nicht - künftig will das Unternehmen in den Ausbau des erneuerbaren Energien-Portfolios investieren. Bis 2025 will Uniper 1.000 MW an Leistung installieren. Bis 2030 könnten es bereits 3.000 MW sein. Bei zukünftigen Projekten mit "signifikantem Finanzierungsbedarf" will der Kraftwerksbetreiber prüfen, ob sich eine grüne Anleihe lohnt, etwa "um unsere Finanzierung zu optimieren und unsere Investorenbasis zu verbreitern". /kj