Wien (energate) - Die E-Control zieht eine durchaus positive Bilanz der vor 20 Jahren stattgefundenen Liberalisierung des Energiemarkts. "Alle Bereiche haben von der Öffnung profitiert", so Wolfgang Urbantschitsch, Vorstand der Regulierungsbehörde, die ebenfalls im Jahr 2001 gegründet wurde. Die E-Control verweist dabei auf eine neue Studie der Energieagentur, der zufolge die Ersparnis für heimische Energiekunden seit der Liberalisierung kumuliert 13 Mrd. Euro beträgt. Haushalte ersparen sich demnach pro Jahr 305 Mio. Euro und betriebliche Kunden 347 Mio. Euro an Stromkosten. Beim Gas betragen die kumulierten Einsparungen noch einmal 15 Mrd. Euro.
"Ohne Liberalisierung wären die Strompreise für Haushalte um 13 Prozent und für Nicht-Haushalte um zehn Prozent teurer", so Urbantschitsch. Die Gaspreise wären für Haushalte um 13 Prozent und für gewerbliche Kunden um 30 Prozent teurer. Auch im monopolartigen Bereich der Netze profitieren Kunden demnach von der "Schaffung eines marktähnlichen Zustandes" durch die Regulierung. Der E-Control zufolge betragen heute die Netzentgelte beim Strom auf allen Ebenen 2,3 Mrd. Euro und jene für Gasnetze rund eine Mrd. Euro.
Sehr dynamische Entwicklung im Großhandel
Im Großhandel habe es in den vergangenen zwei Jahrzehnten ein starkes Auf und Ab gegeben, so die Bilanz der Behörde. Die Preise zu Beginn der Liberalisierung um 25 Euro/MWh seien vor der Finanzkrise auf 70 Euro gestiegen und danach dramatisch gefallen. Ab 2011 seien die Preise längere Zeit zurückgegangen und erst 2016 habe es eine erste Trendwende gegeben. Bei den Endkundenpreisen sei Österreich all die Jahre im europäischen Durchschnitt gelegen, bei den gewerblichen Preisen unter dem Durchschnitt, erklärte dazu Vorstand Alfons Haber: "Anfang der 2010er Jahre hatten wir im EU-Vergleich um ein Viertel höhere Haushaltspreise für Strom. In den letzten Jahren waren wir unter den zehn günstigsten Staaten." Am teuersten war Strom demnach zuletzt in Schweden und Deutschland. In Österreich haben Haushalte im Vorjahr im Schnitt 22 Cent/kWh für Strom bezahlt.
Der CO2-Preis im Zuge der ökosozialen Steuerreform wird sich für Haushalte nach Berechnungen der E-Control vor allem auf die Heizkosten durchschlagen. Auf einen Haushalt mit einem durchschnittlichen Gasverbrauch von 15.000 kWh kommen demnach bei einem CO2-Preis von 30 Euro pro Tonne jährlich Mehrkosten von 80 bis 90 Euro zu.
Großhandel: Hohe Gaspreise voraussichtlich bis April 2022
Ähnlich dynamisch sei auch die Entwicklung der Großhandelspreise bei Gas verlaufen, so die E-Control. 2013 wurde demnach mit 27,2 Euro/MWh der höchste Jahresdurchschnittspreis erreicht. 2020 dagegen war mit 10,09 Euro/MWh im Jahresdurchschnitt das Jahr mit dem niedrigsten Preisniveau. Allerdings verteuert sich Erdgas seit dem zweiten Halbjahr des Vorjahres wieder, mit einem dramatischen Anstieg vor allem in den letzten Wochen (energate berichtete). Über die Gründe dahinter werde derzeit "heftig diskutiert", so Vorstand Urbantschitsch dazu (energate berichtete).
Ein Treiber dafür sei der wirtschaftliche Aufschwung und eine Nachfrage, die stärker sei als das Angebot. Zudem sei die Nachfrage nach LNG in Asien und Südamerika sehr hoch, so dass weniger Flüssiggas in Europa ankomme. Dazu kämen Wartungsarbeiten in Norwegen und vor allem reduzierte Lieferungen von Gazprom über Polen. "Wir rechnen nicht damit, dass diese Hochpreisphase von extrem langer Dauer sein wird", erklärte dazu Urbantschitsch. "Die Erwartung geht dahin, dass es bei den Gaspreisen zu einer Abflachung im Frühjahr - um April herum -, kommen wird. Das wird auch den Strommarkt beeinflussen, wobei es im Strommarkt mit dem Ausstieg Deutschlands aus der Atomkraft auch gegenteilige und damit preistreibende Effekte geben wird."
Füllstände bei Gasspeichern: E-Control beruhigt
Auch auf die während des heurigen Sommers historisch niedrigen Füllstände bei Gasspeichern hierzulande (energate berichtete) sind die Vorstände der E-Control eingegangen. Zum einen habe sich hier das gesamte Speichervolumen von 32,2 Mrd. kWh im Jahr 2002 auf zuletzt 95,8 Mrd. kWh rund verdreifacht - "eine erfreuliche Entwicklung", so Vorstand Haber. Auch die aktuelle Speichersituation sei nicht beunruhigend. Wegen der hohen Gaspreise werde derzeit zwar weniger eingespeichert als in den Vorjahren, die Füllstände der für Österreich relevanten Speicher lägen jetzt im Oktober aber trotzdem zwischen 66 und 87 Prozent, "also noch in einem einigermaßen normalen Ausmaß", so Haber. Dazu komme, dass die Einspeichersaison in der Regel bis Mitte November dauere. /pm