Brüssel (energate) - Die beiden europäischen Verbände der Strom- und Gastransporteure, Entso-E und Entsog, sind sich einig über die langfristige Entwicklung der Nachfrage nach Strom, Erdgas und Wasserstoff und des Angebots daran. Sie prognostizieren, dass die Energienachfrage insgesamt sinkt, die nach Strom und Wasserstoff aber steigt. Auf einer Webkonferenz präsentierten sie ihre gemeinsame Prognose, der sich an den politischen Vorgaben - Klimaneutralität 2050 und 55 Prozent weniger CO2 im Jahr 2030 im Vergleich zu 1990 - orientiert. Dieser Ausblick ist Grundlage für ihre beiden langfristigen paneuropäischen Netzentwicklungspläne (TYNDP), die sie im Herbst 2022 der EU-Kommission vorstellen müssen. Dann gelten die neuen Leitlinien für die europäischen Energienetze (TEN-E), zu denen EU-Parlament und EU-Ministerrat gerade den Kommissionsvorschlag aushandeln.
Zwei Szenarien halten die Zukunftsforscher für möglich: eins, wo Strom und Wasserstoff unabhängig von Importen und dezentral, etwa von Energiegemeinschaften, generiert werden, und eins, wo dies mithilfe von Importen und zumeist zentral, etwa aus Offshore-Windparks oder in Atomkraftwerken geschieht. Beide Szenarien gehen davon aus, dass die Endenergienachfrage insgesamt sinkt, die nach Strom und Wasserstoff jedoch steigt. Dabei fällt die Nachfragesteigerung bei Strom im ersten Szenario größer aus als im zweiten. Im ersten Szenario wird erwartet, dass 2050 Strom direkt und indirekt einen Anteil von 46 Prozent haben wird. Gasförmiger Wasserstoff kommt auf einen Anteil von 17 Prozent an der Endenergienachfrage. Im zweiten Szenario ist der Stromanteil mit 39 Prozent beziffert und der von Wasserstoff mit 20 Prozent.
Stromleitungen oder Pipelines?
Auch geht das Angebot an Primärenergie wie deren Nachfrage in beiden Szenarien zurück, im ersten Szenario allerdings stärker als im zweiten. Begründet wird der Angebotsrückgang damit, dass Strom und Gas schon 2040 vollkommen dekarbonisiert sowie Kohle und Erdöl 2050 vollständig eingestellt worden seien. Welche Implikationen die beiden Szenarien für die Netzentwicklungspläne der beiden Verbände hätten, wurde auf der gemeinsamen Konferenz nicht erörtert. Die in dem Entwurf enthaltenen Nachfrage- und Angebotsprognosen zeigen jedoch, dass im ersten Szenario besonders Stromleitungen wichtig wären und im zweiten Szenario Pipelines. Die öffentliche Konsultation zum 70-seitigen "TYNDP 2022 Draft Scenario Report" läuft noch bis zum 18. November. /rl