Berlin (energate) - Auf der Klimakonferenz in Glasgow wurden Fortschritte erzielt. Das Tempo beim Klimaschutz bleibt aber zu langsam. Die nächsten COPs müssen bei der Umsetzung liefern und nicht nur bei der Ankündigung.
Ein Gastkommentar von Olaf Däuper, Rechtsanwalt und Partner bei der Energierechtskanzlei Becker Büttner Held (BBH).
Mit eintägiger Verspätung ist die 26. UN-Klimakonferenz im schottischen Glasgow am vergangenen Samstag zu Ende gegangen. Greta Thunberg bezeichnete die Ergebnisse solcher COPs als "blablabla", der deutsche Chefverhandler Jochen Flasbarth, Staatssekretär im Bundesumweltministerium, nennt sie "unverzichtbar". Was ist richtig? Und welche konkreten Ergebnisse und Erkenntnisse hat Glasgow gebracht?
Die UN-Klimakonferenz ist die jährlich stattfindende Conference of the Parties (kurz COP) der UN-Klimarahmenkonvention. Wir bewegen uns also auf der Ebene des Völkerrechts und dort gilt das Prinzip der Einstimmigkeit. Schon aus diesem Grund sind inhaltliche Durchbrüche im Klimaschutz immer nur bei Zustimmung aller Vertragsparteien - und dies sind momentan 197 Staaten - möglich. Die Fortschritte beim Klimaschutz, die bei einer COP erzielt werden, sind daher häufig nur Trippelschritte.
Es wirkt bisweilen befremdlich, wenn sich Hunderte von Diplomaten tagelang über ein Abschlussdokument beugen und darum feilschen, ob die Kohlenutzung "ausläuft" oder nur "runtergefahren" werden soll. Klar ist: Eine Blaupause für wirksamen Klimaschutz in der Praxis wird eine COP nicht liefern, eine neue Dynamik bei der Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen nicht auslösen. Insofern liefert eine COP in der Tat viel "blablabla", wie ich aus eigener Anschauung der COP 26 bestätigen kann.
Fortschritte durch Initiativen
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Trotzdem sind COPs essenziell für die Entwicklung des globalen Klimaschutzes und auch Glasgow hat wichtige Fortschritte gebracht. Denn die Konferenzen wirken weltumspannend und erzeugen somit einen stetigen Druck auch auf jene Staaten, die die Notwendigkeit des Klimaschutzes bisher nicht so hoch gewichtet haben. Zum Ersten kündigen viele Staaten vor oder während der COP neue nationale Ziele oder gemeinsame Initiativen an. Hier war in Glasgow unter anderem die Ankündigung Indiens, bis 2070 klimaneutral zu werden, bemerkenswert. Das gilt auch für die Global Methane Pledge von mehr 100 Staaten, die die globalen Methanemissionen bis 2030 um 30 Prozent reduziert wollen, oder die Erklärung von mehr als 30 Staaten, fossile Energien im Ausland nicht mehr zu finanzieren.
Zum Zweiten werden auf COPs rechtverbindliche Maßstäbe und Regeln vereinbart. Der letzte epochale Durchbruch hierbei war das 2015 geschlossene Paris Agreement. Danach hat die Weltgemeinschaft die Erderwärmung auf "deutlich unter 2 Grad Celsius" gegenüber vorindustriellen Werten, idealerweise auf 1,5 Grad zu begrenzen. In der weiteren Ausgestaltung und Konkretisierung dieses Abkommens hat die COP26 sich beispielsweise mit der globalen Klimafinanzierung - dem "100-Milliarden-Ziel" -, der Frequenz beim Monitoring und Reporting der Emissionsentwicklungen - schon 2022 auf Wiedervorlage - oder auch der Anrechenbarkeit von privatwirtschaftlichen Emissionsreduzierungen in anderen Staaten (Art. 6 Abs 2 und 4 PA) beschäftigt und Lösungen gefunden.
Das Tempo ist noch zu niedrig
Im Ergebnis würde ich die Ergebnisse der COP 26 als Schritte in die richtige Richtung bezeichnen. Viel mehr Staaten als früher sind heute ernsthaft beim Klimaschutz engagiert. Aber das Tempo bleibt zu niedrig - momentan liegt die Weltgemeinschaft je nach Berechnung auf einem 2,4 bis 2,7 Grad-Pfad - und die Zeit wird knapp. Einen echten Aufbruch hat Glasgow nicht gebracht. Diesen müssen einzelne Länder oder Regionen organisieren, indem sie zeigen, dass Klimaschutz funktioniert, ohne dass die Akzeptanz der Bevölkerung schwindet. Glasgow hat unterstrichen: Das Ende des fossilen Zeitalters hat unwiderruflich begonnen. Und: Die nächsten COPs müssen im Zeichen der Umsetzungen stehen, nicht mehr nur der Ankündigungen.