Wien/Krško (energate) - Das Genehmigungsverfahren für den Weiterbetrieb des slowenischen Atomkraftwerks Krško stockt, und damit wächst für den Betreiberkonzern NEK der Zeitdruck. Selbst eine Abschaltung des 40 Jahre alten AKW sei nicht auszuschließen, berichtet die Umweltschutzorganisation Global 2000. Krško ist rund 60 Kilometer von der österreichischen Grenze entfernt. Die Genehmigung war ursprünglich für den März 2020 erwartet worden, liegt jedoch wegen mehrfacher Ablehnungen der slowenischen Atomaufsichtsbehörde bis jetzt nicht vor. "Die Unterlagen, die der Betreiber eingereicht hat, waren viel zu ungenau. Wie wir nun von slowenischen Behörden hören, ist mit einer Entscheidung im ersten Quartal nächsten Jahres zu rechnen", sagte Reinhard Uhrig, Atomexperte von Global 2000, gegenüber energate.
Wie diese Entscheidung ausfällt, ist derzeit offen. Das Atomkraftwerk ist seit Oktober 1981 am Netz und sollte Ende 2023 wegen des technischen Verschleißes stillgelegt werden. Betreiber NEK (Nuklearna elektrarna Krško) strebt eine neue Genehmigung für weitere 20 Jahre an und hat dazu in den vergangenen Monaten mehrfach Pläne für eine Modernisierung des Kraftwerks eingereicht, die jedoch bis jetzt zurückgewiesen wurden.
Aufrüstung muss Ende 2023 abgeschlossen sein
Dazu kommt als Zeitfaktor ein Gerichtsurteil aus dem Vorjahr hinzu. Nach einer Klage von Global 2000 und ihrer slowenischen Partnerorganisation Focus entschied damals ein slowenisches Gericht, dass bis Ende Dezember 2023 eine umfassende und grenzüberschreitende Umweltverträglichkeitsprüfung stattgefunden haben muss, an der sich auch Österreich beteiligt (energate berichtete). Sollte diese positiv ausfallen, muss bis zu diesem Datum auch das Kraftwerk fertig modernisiert sein, um weiterbetrieben werden zu dürfen. Im österreichischen Energieministerium (BMK) heißt es dazu, falls die notwendigen Aufrüstungen Ende 2023 nicht rechtsgültig abgeschlossen seien, stehe "die fehlende Umweltbewilligung einem weiteren Betrieb entgegen".
Druck seitens der Politik und der NGOs
Der Druck der Öffentlichkeit habe maßgeblich zur genauen Überprüfung des Anliegens durch slowenische Behörden beigetragen, erklärte Reinhard Uhrig. Global 2000 führt das auch auf das Bemühen der österreichischen Politik sowie auf die Proteste der eigenen Organisation und des slowenischen Partners zurück. So hätten sowohl Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) als auch Bundeskanzler Alexander Schallenberg (ÖVP) das AKW Krško bei ihren Besuchen in Ljubljana thematisiert. Zudem konnten Global 2000 und Focus bei einer Petition gegen den Weiterbetrieb von Krško 51.000 Unterstützer aus Österreich und anderen Ländern der Region gewinnen. Das Interesse an Krško hängt auch damit zusammen, dass es das einzige Atomkraftwerk in der EU ist, das in einer durch Erdbeben gefährdeten Zone liegt. Im Jahr 2020 haben sich in und um die kroatische Hauptstadt Zagreb, also in rund 80 Kilometer Entfernung von Krško, am 22. März sowie am 28. und 29. Dezember Erdbeben ereignet.
Österreich ist auf Stromimporte angewiesen - auch von AKW
Diese Umstände spielten bei den Vorschriften für die Sicherheit eine Rolle und damit auch bei der finanziellen Perspektive, so Uhrig: "Es ist gut möglich, dass die Sicherheits-Upgrades so kostspielig werden, dass sich für NEK der Betrieb einfach nicht mehr lohnt." Der Experte verweist hier auf die Beispiele des Kernkraftwerks Mühleberg in der Schweiz sowie des AKW Ringhals in Schweden. Prägend bei den Diskussionen zu dieser Technologie in Europa ist allerdings auch der Atomkraftausstieg Deutschlands 2022. Dieser wird auch hierzulande direkt spürbar: Österreich ist zwischen September und April auf Stromimporte angewiesen (energate berichtete). Diese stammen zum großen Teil von Atomkraftwerken und Kohlekraftwerken der Nachbarländer. /pm