Brüssel (energate) - In Europa soll die Entnahme von CO2 aus Industrieprozessen oder aus der Atmosphäre zu einem Geschäftsmodell werden. Das geht aus einem der Redaktion vorliegenden Strategiepapier der EU-Kommission hervor. Details will die Behörde am 14. Dezember vorstellen. Hintergrund ist das EU-Klimagesetz, das Anfang dieses Jahres verabschiedet wurde. Es schreibt vor, dass die in der EU verbleibenden Treibhausgasemissionen nach 2050 durch "Carbon Removals", das heißt durch negative Emissionen, ausgeglichen werden müssen. Laut dem vorliegenden Papier will die EU-Kommission aber nicht nur Geschäftsmodelle für "Carbon Removals" an sich ermöglichen, sondern auch für das dadurch entfernte CO2 ("Carbon Capture and Utilization - CCU"). Es soll, mehr als bisher, als Rohstoff Verwendung finden.
Laut einer Studie der dänischen Beratungsgesellschaft COWI, auf die sich das Strategiepapier der Klimaabteilung der EU-Kommission beruft, gibt es für CCU einen wachsenden Markt. Die Studie hat für 2018 eine Nachfrage von rund einer Mrd. Tonnen für recycelten Kohlenstoff für die EU-27 ausgemacht - der Großteil davon für Herstellung von synthetischen Treibstoffen, aber auch in der Lebensmittel- und Materialindustrie gibt es mögliche Abnehmer. Im selben Jahr, 2018, gelangten in der EU-27 rund 3,7 Mrd. Tonnen an Treibhausgasen in die Atmosphäre, also fast viermal so viel.
Handel mit Zertifikaten
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Um den Markt für recyceltes CO2 zu vergrößern und somit einen nachhaltigen Kohlenstoffkreislauf entstehen zu lassen, schlägt die EU-Kommission in ihrem Strategiepapier vor, einen Binnenmarkt für den Handel mit negativen Emissionen zu schaffen. Für die Zertifizierung plant die EU-Kommission einen Gesetzesvorschlag zu einem späteren Zeitpunkt. Das CO2 kann direkt aus der Atmosphäre entfernt oder bei Industrieprozessen abgetrennt werden. Auch eine Entnahme aus Biomasse ist möglich.
Das entfernte oder abgetrennte CO2 kann entweder langfristig gespeichert oder als Rohstoff, etwa zur Produktion von E-Fuels Anwendung finden. "Alle Kohlenstoffentfernungen müssen in voller Transparenz und unter Berücksichtigung von Kriterien wie der Dauer der Speicherung, dem Risiko der Umkehrung, der Unsicherheit der Messung oder dem Risiko von Kohlenstofflecks, die die Treibhausgasemissionen an anderer Stelle erhöhen, berücksichtigt werden“, heißt es in dem EU-Papier
Bioökonomie im Fokus
In dem Entwurf wird der Bioökonomie die größte Beachtung geschenkt. Insbesondere Land- und Forstwirten sollen neue Geschäftschancen ermöglicht werden. Das soll Anreize für das sogenannte "Carbon Farming" geben, also für die CO2-Entnahme aus Biomasse oder für die Aufforstung. Die geplante neue EU-Landwirtschaftsverordnung "LULUCF" sieht hier für den Zeitraum 2026 bis 2030 ein Volumen von netto 310 Mio. Tonnen CO2-Äquivalent vor. Vorgesehen sind Überwachungs- und Berichterstattungspflichten. Aber auch küstennahe Aquakulturbetreiber, die Algen züchten, werden adressiert. Seegräser gelten als CO2-Speicher, denn sie binden mittels Photosynthese CO2.
Förderung von CCS
Weil die Möglichkeiten der Bioökonomie bei negativen CO2-Emissionen begrenzt sind, zählt zur Strategie der Kommission auch die Förderung der Abspaltung und Lagerung von CO2 (CCS). Einen Anreiz, damit die Unternehmen die teuren Technologien anwenden, sollen Kohlenstoff-Differenzkontrakte (CCFDs) geben. Möglich ist zum anderen die Erhöhung von Finanzmitteln aus dem EU-Innovationsfonds. Der soll mit einem höheren Anteil aus CO2-Versteigerungserlösen des ETS gespeist werden. Die EU-Kommission erwartet Fondsmittel in Höhe von 25 Mrd. Euro für den Zeitraum 2021 bis 2030 bei einem Preis von 50 Euro pro Zertifikat. /rl