Mannheim (energate) - Windräder in Nähe zum Wohnort senken die Präferenz der Anwohner für Grünstromtarife. Zudem wählen Nachbarn von Windkraftanlagen seltener die Partei "Bündnis 90/Die Grünen". Zu diesem Fazit kommt eine Studie des ZEW Mannheim gemeinsam mit der französischen Hochschule Mines Paris Tech und der Universität Mannheim. "Unsere Ergebnisse unterstreichen die Dringlichkeit, die Gesellschaft für den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien zu gewinnen, denn sonst wird Deutschland die Klimaziele nicht erreichen", kommentierte ZEW-Wissenschaftler Robert Germeshausen, einer der Autoren der Studie. Schon frühere Umfragen kamen zu dem Ergebnis, dass die Akzeptanz für Windkraftanlagen bei Menschen, die in deren Umfeld leben, geringer ist als in der Gesamtbevölkerung.
Die Wissenschaftler analysieren die Auswirkungen des Windenergieausbaus auf die Präferenz für Grünstromtarife in den entsprechenden Postleitzahlgebieten. Demnach sinkt die Anzahl der Suchanfragen nach Ökostromtarifen auf Preisvergleichsportalen um rund 35 Prozent, wenn im Postleitzahlgebiet eine Windkraftanlage installiert wird. Zudem untersuchten die Wissenschaftler die Anzahl an Zweitstimmen für die Partie Bündnis 90/Die Grünen. So nimmt die Anzahl der Zweitstimmen bei Bundestagswahlen mit jeder neuen Windkraftanlage, die in einer Gemeinde gebaut wird, um etwa 17 Prozent ab. Beide Effekte nehmen mit zunehmendem Abstand zur Windkraftanlage ab.
Finanzielle Beteiligung steigert Akzeptanz
Daher könnten gesetzliche Mindestabstände zwischen Windparks und bewohnten Gebieten die Ablehnung gegenüber dem Windkraftausbau in Grenzen halten, so die Wissenschaftler. Nachteil sei jedoch, dass solche Regelungen die verfügbare Fläche für den Bau neuer Windkraftanlagen in einem so dicht besiedelten Land wie Deutschland erheblich einschränken. Zudem könnte die Politik die betroffenen Gemeinden an der Wertschöpfung der Windkraftanlagen finanziell beteiligen. In Gemeinden, die durch die Windkraftanlagen von höheren Gewerbesteuern profitierten, sei die Akzeptanz größer. Die Studienautoren empfehlen daher, Gemeinden noch stärker zu beteiligen. Allerdings sieht das novellierte EEG bereits erweiterte Beteiligungsmöglichkeiten vor. Längerfristige Erfahrungen gibt es zudem in Mecklenburg-Vorpommern, wo es schon seit fünf Jahren ein "Bürger- und Gemeindebeteiligungsgesetz" gibt. Für die neue Bundesregierung dürften die Ergebnisse kein gutes Zeichen sein: Sie plant einen deutlichen Ausbau der Windenergie an Land in den kommenden zehn Jahren. Laut Koalitionsvertrag sollen dafür zwei Prozent der Landesfläche zu Verfügung stehen. /sd