Jena (energate) - Die 2013 gegründete Jenabatteries GmbH hat sich auf die Entwicklung metallfreier stationärer Redox-Flow-Speicher spezialisiert. Dabei setzt das Unternehmen im Unterschied zu vielen Wettbewerbern auf Salz als zentralen Rohstoff. Im Interview mit energate spricht CEO Philipp Hammans unter anderem über Potenziale der Technologie und das Ziel, eine Redox-Flow-Batterie im MW-Maßstab zu entwickeln.
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energate: Herr Hammans, Sie sind seit Oktober des vergangenen Jahres CEO von Jenabatteries. Davor waren Sie unter anderem viele Jahre als Unternehmensberater tätig. Wie kam es zu dem Wechsel?
Hammans: Im Technologieumfeld bin ich jetzt seit über 20 Jahren unterwegs, und zwar etwa zu gleichen Teilen als Unternehmensberater Innovation und geistiges Eigentum sowie Industrie. Eine Zwischenstation legte ich als Leiter Innovation bei der Jenoptik ein. Im Rahmen meiner letzten Beratung habe ich die Potenziale von Unternehmen bewertet, darunter auch Jenabatteries. Das beeindruckte mich so, dass ich quasi die Seiten gewechselt habe.
energate: Bitte erklären Sie kurz das Prinzip 'Redox Flow'.
Hammans: Die Redox-Flow-Technologie als solche ist nicht neu. Am verbreitetsten ist wohl die Vanadium-Redox-Flow-Batterie. Das Prinzip ist im Grunde einfach. Chemische Flüssigkeiten, das heißt organische Salze, werden in Wasser gelöst und in zwei verschiedenen Tanks gelagert, die jeweils der Minus- oder Pluspol sind. Die Salzlösung wird aus den Tanks in einen Zellstapel gepumpt, wo die Elektronen gebunden und wieder abgegeben werden. So wird der Strom gespeichert. Entscheidend für die Kapazität ist die Größe des Containers. Aktuell liegen wir bei Jenabatteries bei der Größe eines LKWs, einer Kapazität von 400 kWh und einer Leistung von 100 kW.
energate: Worin unterscheidet sich Ihre Redox-Flow-Batterie von anderen?
Hammans: Unsere Batterie unterscheidet sich von den gängigen dadurch, dass sie kein Metall braucht. Andere Batterien brauchen erhebliche Rohstoffmengen und auch kritische Rohstoffe, wir nicht. Unser Rohstoff ist Salz. Salz ist überall auf der Welt in großen Mengen verfügbar. Für unsere skalierbare Containerlösung mit 400 kWh benötigen wir etwa 6 Tonnen je Container. Andere Hersteller, die zum Beispiel auf Vanadium-Redox-Flow setzen, werden früher oder später ein Rohstoffproblem bekommen. Ein weiterer Vorteil ist, dass unsere Batterien nicht brennen. Sie sind außerdem voll recycelbar, erlauben mindestens 10.000 Ladezyklen und haben eine Lebensdauer von 20 und mehr Jahren.
energate: Wo stehen Sie bei der Entwicklung Ihrer Batterie und was planen Sie als Nächstes?
Hammans: Anstatt mit den Batterien durchzustarten, die wir schon haben, wollen wir das Ganze auf die nächsthöhere Ebene heben. Das erscheint uns am sinnvollsten. Dreh- und Angelpunkt sind die Stacks. Die Tanks zu vergrößern, ist recht banal. Aber die Tanks mit den Chemikalien A und B müssen ja be- und entladen werden und das läuft über die Stacks. Momentan bauen wir die noch manuell, aber die nächste Stufe ist eine skalierbare und - wie ich sie nenne - robotisierte, intelligente Produktion. Dafür werden wir circa ein bis zwei Jahre brauchen und nutzen auch die Möglichkeit eines digitalen Zwillings, um die Produktion zu optimieren. In vier bis fünf Jahren wollen wir dann eine Redox-Flow-Batterie im MW-Maßstab in Betrieb nehmen.
energate: Das heißt, Sie verkaufen in dem Sinne noch nichts. Wie finanziert sich Jenabatteries dann?
Hammans: Wir haben Investoren, darunter Unternehmen, die einen großen Teil der Entwicklung finanzieren und Know-how liefern, etwa zu den Stacks. Zusätzlich werden wir dieses Jahr zum einen gemeinsam mit Kunden größere Projekte entwickeln. Denn tatsächlich stehen die Kunden, die sich ein zweistelliges MW-Batteriepaket wünschen, gerade bei uns Schlange. Zweitens wird Dr. André Brosowski, unser Chief Sustainability Officer, noch in diesem Quartal ein Reallabor ins Leben rufen und - damit verbunden - einen großen Fördermittelantrag stellen. Brosowski ist ehemaliger leitender Wissenschaftler des Biomasseforschungszentrums in Leipzig und seit dem 1. Dezember bei uns an Bord. Bei der Akquise von Fördermitteln hat er bislang eine Erfolgsquote von 100 Prozent. Den dritten Strang bilden Förderungen auf Länderebene, um die wir uns bewerben werden.
energate: Wie bewerten Sie das Marktpotenzial?
Hammans: Das ist aus mehreren Gründen sehr groß, sei es durch zunehmendes Umweltbewusstsein, den geplanten Erneuerbarenausbau oder Umweltvorgaben für Unternehmen. Aktuell verlieren wir pro Jahr sechs bis sieben TWh an Spitzenproduktion, weil zum Beispiel Wind- und Solarstrom nicht 1:1 gespeichert werden können. Für diese Menge bräuchten wir etwa 100.000 unserer Batterien. Und geplant ist ja, dass der Ausbau weitergeht. Obwohl wir uns jetzt schon schwertun, müssen die installierten PV-Kapazitäten um Faktor acht steigen, die von Wind um Faktor fünf. Deutschland hat das Ziel, klimaneutral zu werden, Stichwort Klimaschutzgesetz. Alle Sektoren müssen dekarbonisieren, sowohl der Energiesektor als auch Gebäude sowie der Verkehr. Das heißt, wir haben einen riesengroßen Markt. Denn ohne Speicher keine Energiewende!
energate: Mit dem Hochlauf der E-Mobilität werden auch mobile Speicher künftig eine Rolle spielen. Wie bewerten Sie das?
Hammans: Ich glaube, private Autobesitzer werden sich sehr genau überlegen, ob sie ihre Batterien dem Energiesystem zur Verfügung stellen. Schließlich altern Batterien mit jedem Ladevorgang, auch Lithium-Ionen-Batterien. Anders wird es sein, wenn wir von autonom fahrenden elektrischen Flotten sprechen. Bis dahin ist es allerdings noch ein sehr weiter Weg.
energate: Danke für das Gespräch!
Das Interview führte Daniel Zugehör.