Lingen (energate) - Über die neue Wasserstoffstrategie des BP-Konzerns hat energate mit James Patterson, Vice President Green Hydrogen, gesprochen. Dabei ging es auch um die beiden deutschen Projekte, Lingen Green Hydrogen und GetH2Nukleus. Mit dem ersteren soll für die Raffinerie in Lingen ein Elektrolyseur mit einer Kapazität von zunächst 100 MW gebaut werden - mit möglicher Erweiterung auf 500 MW. Bei dem zweiten Projekt, das 2024 ans Netz soll, handelt es sich um eine Zusammenarbeit von RWE, OGE, Nowega, Evonik und BP für einen Elektrolyseur mit 100 MW, der sich auf 300 MW ausbauen lässt.
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Wasserstoff
energate: In der BP-Wasserstoffstrategie heißt es, Sie hätten ein Portfolio an Optionen aufgebaut, das potenziell eine Produktion von 0,7 bis 1,3 Mio. Tonnen pro Jahr ermöglicht. In welchen Regionen soll denn produziert werden?
Patterson: Diese Zahl ergibt sich aus den konkreten Projekten, an denen wir arbeiten. Ein anderes Ziel ist ein Marktanteil von zehn Prozent in unseren Zielmärkten. Zum einen konzentrieren wir uns auf Projekte in Nachfragezentren rund um unsere Raffinerien in Deutschland, den Niederlanden und Spanien. Zum anderen wollen wir in Angebots-Hubs in großen Mengen im Gigawatt-Bereich Wasserstoff günstig produzieren, zum Beispiel in Australien und dem Nahen Osten. Dafür positioniert sich BP. Wir wollen möglichst viele Optionen in potenziellen Angebots-Hubs haben, da unklar ist, wo sich das Angebot konzentrieren wird.
energate: BP will vor allem Wasserstoff produzieren?
Patterson: Ja, die Nachfragezentren sind sicher nicht der günstigste Ort, um Wasserstoff zu produzieren. Aber dort besteht nun einmal die Nachfrage und vor allem gibt es die nötigen Subventionen, um heute Projekte zu starten. Wir wollen die Ersten sein, die Wasserstoff in den Markt bringen und dies geht aktuell vor allem in den Nachfragezentren. Deshalb wollen wir nicht nur unsere Raffinerien in Deutschland und den Niederlanden beliefern, sondern den Wasserstoff auch an Dritte verkaufen. Dies ist ganz zentral für uns. Und 2030 - hoffentlich ein bisschen früher - werden die Nachfragezentren zusätzlich Wasserstoff importieren und er wird dort produziert werden, wo dies mit den niedrigsten Kosten möglich ist.
energate: Wo werden die Kosten am niedrigsten sein?
Patterson: Da wo im großen Ausmaß erneuerbare Energien mit hohen Vollbenutzungsstunden zur Verfügung stehen. Eine Kombination von Wind und Solar hat Vorteile. Aber es gilt, Fall für Fall zu analysieren. Wenn Solarenergie besonders günstig ist, dann benötigt man eine solche Kombination auch nicht. Auch die möglichen Zielpreise hängen von der Region ab. Ich bin persönlich auch nicht davon überzeugt, dass man Zielkosten von 2,00 US-Dollar/kg erreichen muss. Das wird von vielen Faktoren abhängen. Erst einmal muss der Zug überhaupt abfahren.
energate: Wann fährt der Zug ab?
Patterson: Preiswerte erneuerbare Energien sind ein Faktor, aber Kostennachteile lassen sich ausgleichen, wenn die Nachfrage besteht und ausreichende staatliche Unterstützung wie in Deutschland und den Niederlanden. Unsere Raffinerieprojekte haben alle Voraussetzungen, um realisiert werden.
energate: Das heißt für das Projekt in Lingen wurde schon eine Investitionsentscheidung getroffen?
Patterson: Wir sind kurz davor, sie für unsere beiden Projekte in Deutschland zu treffen. Was noch fehlt ist die endgültige Zusage der Capex-Förderung im Rahmen der IPCEI-Förderung. Wir erwarten diese spätestens im Sommer. Wichtig ist zudem die Anrechnung des grünen Wasserstoffs auf die THG-Quote im Rahmen der RED II. Da fehlt immer noch der delegierte Rechtsakt…
energate: …mit den genauen Anforderungen an die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien für die Elektrolyse.
Patterson: Ja, das ist eine der noch bestehenden Unsicherheiten. Die Ausgestaltung der Anforderungen wird die Projekte wohl nicht stoppen, wir haben verschiedene Lösungen. Aber wir wollen Klarheit vor einer Investitionsentscheidung.
energate: Das heißt, aktuell konzentriert BP sich auf Projekte, bei denen hohe Subventionen eine Realisierung ermöglichen?
Patterson: Ja, aber es ist wichtig, dass wir uns ebenso in zukünftigen Supply-Hubs positionieren, wo Produktionskosten und somit Fördernotwendigkeiten wesentlich geringer sein werden.
energate: Ist die deutsche H2-Global-Initiative, die ja den Unterschied zwischen aktuellen Produktionskosten in möglichen globalen Supply-Hubs und der Zahlungsbereitschaft von Abnehmern ausgleichen soll, eine Möglichkeit die Entwicklung solcher Hubs zu beschleunigen?
Patterson: Wir unterstützen die Initiative und sind aktuell in Verhandlungen zu einem Beitritt. Es ist ein guter Ansatz. Aber die aktuellen Mittel von rund einer Mrd. Euro werden nur für wenige Projekte reichen. Auch die Vertragsgestaltung wird komplex werden.
energate: Aber BP wird sich als Anbieter an Auktionen beteiligen?
Patterson: Ja. Unser zentraler Fokus ist, das Unternehmen zu sein, das am schnellsten dekarbonisierten Wasserstoff in den Markt bringt.
Das Interview führte Heiko Lohmann, freier Journalist