Wien (energate) - In Österreich ist die Akzeptanz für den Bau von Stromnetzen, Windkraft, Wasserkraft und PV gegenüber dem Vorjahr deutlich gestiegen. Gleichzeitig steht die Energiewirtschaft mit Projekten mit einem Investitionsvolumen von 28 Mrd. Euro in den Startlöchern, drängt aber auf leichtere Genehmigungen und geänderte Rahmenbedingungen. Das sind die zentralen Ergebnisse von zwei Umfragen, die der Branchenverband Oesterreichs Energie in Wien präsentiert hat. "Mit dem Krieg in der Ukraine hat sich die Zustimmungsrate zum Bau von Erzeugungsanlagen signifikant erhöht. Menschen begreifen, dass man nicht gegen Putins Gas und gleichzeitig gegen Windkraft und PV sein kann", erklärte dazu Generalsekretärin Barbara Schmidt. Verbandspräsident Michael Strugl betonte, dass die Ziele einer rechnerisch vollständigen Stromversorgung mit Erneuerbaren erreichbar seien. Und er richtete vor diesem Hintergrund einen Appell an die heimische Politik und die Öffentlichkeit: "Die Projekte sind da, die Branche ist bereit zu investieren. Bitte helft uns, diese Projekte zu realisieren. Denn mit mehr eigener Erzeugung können wir die Abhängigkeit von Energieimporten verringern. Und auf europäischer Ebene sind Erneuerbare die einzige Chance, die Strompreise wieder zu senken."
Gallup Institut: Akzeptanz für den Bau Erneuerbarer steigt
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Die erste Umfrage hat das Gallup Institut im Auftrag von Oesterreichs Energie unter 1.000 Menschen durchgeführt. "Besonders bemerkenswert ist die gestiegene Zustimmung für den Ausbau der Stromnetze", so Schmidt. Im Vorjahr waren 44 Prozent der Meinung, die Netze müssten ausgebaut werden, inzwischen sind es 54 Prozent. Für die Beibehaltung des Status Quo bei den Netzen waren im Vorjahr 39 Prozent und heuer 26 Prozent. Ein ähnliches Bild bei der Frage, ob Erneuerbarenerzeugung ausgebaut werden sollte: Im Vorjahr waren 58 Prozent dafür, heuer bereits 72 Prozent. Die Ablehnung des Ausbaus hat sich dagegen von 32 auf 16 Prozent halbiert. Knapp jeder zweite Österreicher war auch der Meinung, dass der Ausbau zu langsam vonstatten gehe.
Bei der grundsätzlichen Akzeptanz der Erneuerbarentechnologien hat die Photovoltaik inzwischen die Wasserkraft überholt. Die Klimaziele allgemein finden 83 Prozent "sehr" oder "eher positiv". Allerdings ist auch der Preisfaktor gegenüber dem Vorjahr besonders stark gestiegen: Knapp 70 Prozent finden beim Strom einen "möglichst niedrigen Preis" am wichtigsten, die Erzeugungsart dahinter finden lediglich 45 Prozent am wichtigsten.
Energieindustrie arbeitet an Projekten mit 11.400 MW
Bei der zweiten Umfrage hat Oesterreichs Energie ihre eigenen Mitgliedsbetriebe gebeten, Projekte beim Ausbau der Erneuerbaren über alle Planungsstadien hinweg anzumelden. Als Antwort haben 24 Projektbetreiber, die meisten von ihnen große Energieunternehmen, 220 Vorhaben mit einer Gesamtleistung von 11.400 MW eingereicht. Das dazu gehörende Investitionsvolumen beziffert der Branchenverband mit insgesamt 28 Mrd. Euro.
Bei der Wasserkraft seien die Planungen im Verhältnis zu den Zielen des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes (EAG) am weitesten gediehen, erklärte Präsident Strugl. Bekanntlich sieht das EAG für diese Technologie einen Zubau von fünf Mrd. kWh vor. Bei den Mitgliedern von Oesterreichs Energie sind aktuell Projekte mit einer jährlichen Erzeugungskapazität von 4,7 Mrd. kWh in Arbeit. Davon sind Anlagen mit einer Mrd. kWh schon in Bau, der Rest in der Konzeptphase oder in Planung. Das hohe Projektvolumen bei der Wasserkraft liege an den besonders langen Planungsphasen, die auch ein Jahrzehnt dauern könnten, so Strugl, während beispielsweise Photovoltaik auch im Megawattbereich nur Monate benötige.
Bei der Windkraft haben Mitglieder von Oesterreichs Energie Projekte mit 4,4 Mrd. kWh eingereicht, also knapp die Hälfte der im EAG vorgesehenen Ausbauziele. Das gesamte aktuelle Projektvolumen dürfte jedoch deutlich größer sein, weil auch Unternehmen, die nicht Mitglied der Branchenvertretung sind, an Vorhaben arbeiten. Bei der Photovoltaik sind der Umfrage zufolge 2,9 Mrd. kWh in Arbeit und davon 1 Mrd. kWh bereits in Bau. Das ist weniger als ein Drittel der Ausbauziele im EAG für diese Technologie
Warten auf ein neues UVP-Gesetz
Grundsätzlich gebe es "kein Planungsproblem, sondern ein Umsetzungsproblem", betonte Strugl. Es fehlten weiterhin Verordnungen, die das EAG spezifizieren. "Der im EAG geplante Ausbau wird nicht daran scheitern, das Unternehmen keine Projekte haben. Er kann aber scheitern an fehlenden Genehmigungen und fehlenden Flächen." Barbara Schmidt fügte an, Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) habe zwar angekündigt, Verfahren zur Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP) beschleunigen zu wollen (energate berichtete), ohne jedoch einen konkreten Gesetzesvorschlag vorzulegen. "UVP werden allein mit Ankündigungen der Ministerin nicht schneller. Ein neues UVP-Gesetz kann jedoch tatsächlich ein echter Gamechanger sein." /pm