Linz (energate) - Die Voestalpine bereitet sich auf die wachsende Gefahr eines Gasmangels vor. Der Stahlkonzern hat im Mai zum ersten Mal Speicherkapazitäten bei der RAG Austria gebucht und die Lieferung von LNG aus Übersee vereinbart. Bereits bis Mitte Juli will die Voestalpine nun im oberösterreichischen Speicher Haag sowie in der Salzburger Anlage Haidach 1,5 Mrd. kWh an Gas einspeichern lassen. Diese Energiemenge ermögliche einen Vollbetrieb für drei Monate und einen Teilbetrieb entsprechend länger, erklärte Konzernchef Herbert Eibensteiner laut Aussendung.
Als wichtigen Faktor für diese Entscheidung nennt das Unternehmen auch die jüngsten Änderungen im Energielenkungsgesetz, das der Voest ermöglicht, nun selbst Gas einzuspeichern. Die Novelle des Energielenkungsgesetzes haben ÖVP und Grüne im Mai auf den Weg gebracht, um die Einspeicherung von Gas in der Industrie zu fördern (energate berichtete).
Suche nach neuen Gaslieferanten offenbar erfolgreich
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Gleichzeitig arbeitet die Voestalpine derzeit intensiv an der Diversifizierung ihrer Gaslieferungen mit bestehenden wie auch mit neuen Lieferanten. Ab diesem Sommer lässt sich der Stahlkonzern über LNG-Terminals in Italien Flüssiggas nach Österreich liefern, um es einzuspeichern oder für den laufenden Betrieb zu nutzen. Im Betrieb in Österreich werde Gas hauptsächlich für Wärme sowie für die Walzwerke in den Stahlwerken in Linz, Donawitz und Kapfenberg benötigt. Weitere Details dazu, woher das LNG kommt, nennt die Voest nicht. Allerdings dürfte die internationale Aufstellung des Herstellers mit weltweit rund 500 Standorten auch bei der Gasbeschaffung von Vorteil sein.
Keine Rückgänge bei Lieferungen über Baumgarten
Bei der laufenden Versorgung ist der Stahlkonzern, wie Österreich insgesamt, von den aktuellen Lieferkürzungen Russlands nicht betroffen. Die Gasversorgung der Republik passiert großteils über den Gashub Baumgarten in Niederösterreich - und hier waren in den vergangenen Tagen laut Verteilergebietsmanager AGGM keine Rückgänge festzustellen. Ende der Vorwoche ist die täglich gelieferte Gasmenge sogar leicht auf 525 Mio. kWh gestiegen, am heutigen Montag kamen 529 Mio. kWh. in Baumgarten an. Deshalb gebe es derzeit "keine Voraussetzung für eine Alarmstufe", so AGGM und die Regulierungsbehörde E-Control (energate berichtete).
Ganz anders die Situation in Deutschland. Weil dort über die Pipeline "Nord Stream 1" seit knapp einer Woche nur ein Bruchteil der üblichen Mengen ankommt, hat Wirtschaftsminister Robert Habeck inzwischen die Alarmstufe im Gasnotfallplan ausgerufen (energate berichtete). Eine weitere Verschärfung der Lage sei alles andere als unwahrscheinlich, heißt es aus der Energieindustrie (energate berichtete).
Energieintensivstes Unternehmen Österreichs
Die Voestalpine ist mit einem Verbrauch von über 40 Mrd. kWh pro Jahr der größte industrielle Energieverbraucher Österreichs. Aktuell bereitet der Stahlriese die teilweise Umstellung seiner Hochofenroute auf Elektrolichtbogenöfen vor, die mit Strom aus Erneuerbaren betrieben werden sollen. Auch Projekte rund um die Abscheidung, Einspeicherung und Verwendung von CO2 (CCS und CCU) ist in Arbeit, Pilotprojekte rund um Wasserstoffplasma bei der Stahlherstellung ebenfalls (energate berichtete). /pm