Teheran/Berlin (energate) - Der russische Präsident Wladimir Putin hat eine Wiederaufnahme der Gaslieferungen über die Pipeline Nord Stream 1 nach dem Abschluss der Wartungsarbeiten angedeutet. Gazprom habe seine vertraglichen Verpflichtungen stets eingehalten und werde das auch weiterhin tun, sagte Putin bei einem Staatsbesuch im Iran. Er drohte zugleich an, dass es aufgrund der technischen Situation in der Verdichterstation Portowaja weiterhin zu deutlichen Einschränkungen bei den Liefermengen kommen kann, wie aus einer Mitteilung des Kremls hervorgeht. Als Alternative bringt Putin die fertiggestellte Nord-Stream-2-Pipeline vor.
Gazprom wartet derzeit auf die Lieferung einer Turbine, die Siemens in Kanada repariert hat. Aufgrund der Sanktionspolitik gab es Schwierigkeiten bei der Ausfuhr, die mittlerweile behoben sein sollen. Die Turbine befindet sich laut Medienberichten auf dem Weg zu ihrem Einsatzort. Aus Moskau heißt es jedoch, dass Gazprom keine Dokumente vorliegen, die den technischen und juristischen Zustand der Anlage bescheinigen. Das Unternehmen habe von Siemens entsprechende Dokumente eingefordert, bis zum 20. Juli aber nichts erhalten, wie Gazprom in einer Mitteilung auf "Telegram" kritisiert. Der Gaskonzern warnt davor, dass die Überführung der reparierten Turbine und die Reparatur weiterer Kompressoren "direkte Auswirkungen auf den sicheren Betrieb der Gaspipeline Nord Stream" haben werde.
Drosselung auf 30 Mio. Kubikmeter am Tag möglich
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In Teheran forderte auch Wladimir Putin offizielle Dokumente ein, die Gazprom Aufschluss über den Verbleib seines Eigentums geben können. Aktuell befänden sich in Portowaja nur noch zwei Turbinen in Betrieb, die am Tag rund 60 Mio. Kubikmeter Erdgas pumpen können, führte er aus. Weitere Einheiten seien aufgrund von Schäden, die Siemens auch bestätigt habe, derzeit nicht in Betrieb. Putin kündigte an, dass am 26. Juli eine weitere Turbine zur Reparatur verschickt werden soll, für die es aufgrund der Sanktionen keinen Ersatz gebe. Werde die reparierte Turbine aus Kanada geliefert, seien auch weiterhin zwei Turbinen im Einsatz. Ansonsten bleibe nur noch eine Turbine mit einer Kapazität von 30 Mio. Kubikmetern übrig.
Putin: Option Nord Stream 2
Putin macht den Westen für die aktuelle Liefersituation verantwortlich. "Gazprom ist bereit, so viel Gas wie nötig zu pumpen. Aber sie haben alles heruntergefahren", sagte er in Teheran. Polen und die Ukraine hätten die Lieferungen über die Ukraine und den Jamal-Transit reduziert, Deutschland die Inbetriebnahme der Nord Stream 2 auf unbestimmte Zeit verschoben. Die Pipeline könne immer noch in Betrieb gehen. Mittlerweile habe Gazprom aber die ursprünglich für das Projekt reservierten Kapazitäten neu verteilen müssen, sodass im Falle einer Inbetriebnahme in diesem Jahr nur noch ein Viertel der Jahreskapazität von 55 Mrd. Kubikmetern verfügbar wäre, so der russische Präsident. Sowohl in Berlin als auch in Brüssel wurde der Vorschlag, Nord Stream 2 in Betrieb zu nehmen, kategorisch ausgeschlossen. So sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, die Leitung sei nicht einmal zertifiziert und gar nicht einsatzbereit. Dem Nachrichtensender "ntv" sagte SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert, es fehle derzeit nicht an Pipeline-Kapazitäten, sondern an Liefermengen. /tc