Wien (energate) - Bei Wien Energie gibt es vorerst keine Hinweise für Spekulation mit Futures an der Energiebörse. Das ist das Zwischenergebnis einer Überprüfung der Geschäfte durch drei Prüfungsgesellschaften. Den endgültigen Bericht wollen die mit der Analyse beauftragten Gesellschaften PWC, Inhuba und Freshfields in einer Woche vorlegen. Das Handelsmodell der Wien Energie sei branchenüblich und es ließen sich keine Anzeichen für Spekulation finden, erklärte dazu bei einem Medientermin Michael Sponring, Leiter des Bereichs Energie bei PwC Austria. Alle Börsengeschäfte des Versorgers hätten dazu gedient, Mengen und Preisrisiken abzudecken. Es seien "nachweislich keine spekulativen Handelsbücher geführt" worden. Alle gehandelten Produkte seien "großhandelsüblich" und das Risikomanagement "branchenüblich" gewesen.
Überraschender Hilferuf Ende August
Auslöser der Überprüfung war ein überraschender Hilferuf des größten heimischen Versorgers an den Bund Ende August. Damals hat Wien Energie den Staat sehr kurzfristig um ein Darlehen von zwei Mrd. Euro gebeten (energate berichtete). Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) nannte die Situation "mehr als ungewöhnlich". Politologe Anton Pelinka ortete in der Causa einen "ersten schweren Fehler" von Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ). Der Versorger steht im Eigentum der Stadt Wien, die von einer Koalition von SPÖ und Neos regiert wird.
Diese Vorwürfe weisen nun Stadtrat Peter Hanke (SPÖ) und Stadtwerke-Vorstand Peter Weinelt mit Verweis auf das Zwischenergebnis der Überprüfung zurück. Die von Wien Energie gehandelten Volumina seien "adäquat" und die Geschäftsstrategie "risikoarm", so Weinelt. Hanke betonte, die Stadt habe vom Versorger in der vergangenen Woche "die hinterlegten Milliarden wieder zurückbekommen." Außerdem habe sich die Zahl der Stromanbieter in Wien in den letzten Monaten von 100 auf 20 reduziert. Wien Energie müsse daher rund 28.000 neue Kunden versorgen und komme dieser Verpflichtung auch nach, so der Stadtrat laut Rathauskorrespondenz.
Strompreis auf 1000 Euro "explodiert"
Wien Energie versorgt über zwei Mio. Kunden mit Strom und Fernwärme und ist der größte heimische Landesenergieversorger. In den Tagen nach dem Hilfegesuch erklärte das Unternehmen, am Terminmarkt Strom aus seinen Kraftwerken bis zu zwei Jahre im Voraus zu verkaufen und gleichzeitig langfristig Strom und Gas zu beschaffen. Dies diene der Absicherung gegen künftige Preisschwankungen.
Beim Strompreis waren jahrelang Preise um die 50 Euro/MWh üblich. Am Freitag, den 19. August, kostete die MWh am Spotmarkt rund 585 Euro. Laut Wien Energie ist der Strompreis dann am 26. August "abermals und plötzlich explodiert", und zwar von 700 auf rund 1.000 Euro/MWh innerhalb eines Tages. Damit seien auch die erforderlichen Sicherheitskautionen im Energiehandel unvorhergesehen angestiegen. Die erforderlichen Kautionen für bereits getätigte Geschäfte in der Zukunft hätten sich vervielfacht. Diese Situation sei auch in Nachbarländern bekannt, so das Unternehmen mit Verweis auf die Schweizer Axpo oder den deutschen Energieriesen Fortum (energate berichtete).
PwC: Futures auch in Zukunft "alternativlos"
Futures, also Börsenverträgen über künftige Gaskäufe und Stromlieferungen, seien auch in Zukunft "alternativlos", betonte Michael Sponring von PwC. Das Risiko, mit zusätzlicher Liquidität die Geschäfte abzusichern sei besser handhabbar als die Alternativen, etwa das Preisrisiko am Spotmarkt oder das Ausfallrisiko von Lieferanten bei direkten Verträgen. Laut einem Bericht der "APA" erklärte Stadtwerke-Vorstand Weinelt, es sei zu erwarten, dass Wien Energie in diesem Winter genug Gas haben werde, um den bereits für die Zukunft verkauften Strom auch zu produzieren. Bei einem europaweiten Gasnotstand "tritt aber ein anderer Mechanismus mit Gaszuteilungen in Kraft." Klar sei jedoch, dass die Stromversorgung Österreichs "ohne die Gaskraftwerke der Wien Energie im Winterhalbjahr nicht machbar ist." /pm