Berlin (energate) - Nach Nord Stream 2 ist der Druck auch in der Pipeline Nord Stream 1 abgefallen. Der Druckabfall sei in der Nacht in beiden Strängen der Erdgaspipeline aufgetreten, teilte die Nord Stream AG mit. Die Ursachenforschung läuft offiziell noch, allerdings verdichteten sich am Abend nach Auswertung von Seismogrammen Hinweise, wonach Sprengsätze detoniert sein könnten. Bei Nord Stream 2 war nur eine von zwei Röhren von dem Druckabfall betroffen (energate berichtete). Luftaufnahmen, die das dänische Militär mittlerweile veröffentlicht hat, zeigen deutlich den Gasaustritt an mehreren Stellen der Nord-Stream-Trassen östlich der dänischen Ostseeinsel Bornholm.
Auswirkungen auf die Versorgungssicherheit sieht das Bundeswirtschaftsministerium nicht. Seit dem Stopp der russischen Gaslieferungen Anfang September fließt kein Gas mehr durch Nord Stream 1 (energate berichtete). Derweil steigen die Speicherstände kontinuierlich an. Sie liegen aktuell bei rund 91 Prozent. Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur, sagte bei der Handelsblatt-Jahrestagung "Gas 2022", der Druckabfall bei Nord Stream 1 und 2 unterstreiche die Einschätzung einer "angespannten Lage" durch seine Behörde. An den Spekulationen über eine mögliche Sabotage wollte sich der Chef der Regulierungsbehörde nicht beteiligen. Die Aufklärung der Ursache liege nun bei Dänemark und Schweden, da der Vorfall nicht auf deutschem Hoheitsgebiet passiert sei. Aber die Drähte zu den europäischen Kollegen glühten und die "Telefonate laufen ständig". "Eine ganz entscheidende Frage ist, wer hat das gegebenenfalls getan und was folgt daraus", so Müller.
Habeck will nicht spekulieren
Auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) betonte am Abend des 27. September, die Vorkommnisse bei Nord Stream 1 und 2 hätten keine Auswirkungen auf den deutschen Gasmarkt. "Die Umstände werden aufgeklärt, Spekulationen verbieten sich bis dahin", betonte Habeck. Dass kritische Infrastruktur Ziel von Attacken werden könne, sei dabei schon länger bekannt, die Sicherheitsbehörden entsprechend aktiv.
Sicherheitswarnungen für die Ostsee-Schifffahrt
Für die Ostsee-Schifffahrt gelten Sicherheitswarnungen im Verlauf der Nord-Stream-Trassen. So gibt die schwedische Schifffahrtsbehörde für die Ostsee südöstlich der dänischen Insel Bornholm eine Sicherheitswarnung mit Bezug auf Nord Stream 2 heraus. Es befinde sich Gas in der Umgebung, von daher bestehe Explosionsgefahr. Die Gefahrenstelle mit zwei Lecks für Nord Stream 1 befinde sich demnach nordöstlich von Bornholm. Die Behörde empfiehlt einen Sicherheitsabstand von fünf Seemeilen.
Das Bundesumweltministerium teilte zudem mit, dass es "keine erhebliche Gefahr" für die Meeresumwelt der Ostsee sehe. "Dies lehrt die Erfahrung aus der Nordsee: Nach Bohrungen der Öl- und Gasindustrie kam es auch dort zu Methanaustritten, nach denen keine unmittelbaren Folgen für die Meeresumwelt nachgewiesen wurden." /tc