Berlin (energate) - Wenige Tage vor der UN-Klimakonferenz Cop 27 im ägyptischen Sharm El-Sheikh legt der Expertenrat für Klimafragen sein Zweijahresgutachten zum Stand der deutschen Klimapolitik vor. Demnach wird die Bundesregierung ihre Klimaziele für 2030 mit einem "Weiter so" nicht erreichen. "Es sieht im Moment nicht so aus, als könnten wir die Ziele erreichen", sagte die stellvertretende Vorsitzende, Brigitte Knopf, bei der Vorstellung des Gutachtens. Die bisherigen Maßnahmen blieben in ihrer Wirkung hinter den Erwartungen zurück.
Im Zeitraum 2000 bis 2021 seien die Treibhausgasemissionen in Deutschland temperaturbereinigt um rund 27 Prozent zurückgegangen, teilte der Expertenrat mit. Dabei trug die Energiewirtschaft fast die Hälfte zu dieser Minderung bei, insbesondere ab dem Jahr 2014. Deutschland will den CO2-Ausstoß bis 2030 um mindestens 65 Prozent im Vergleich zu 1990 senken. Helfen soll dabei unter anderem das Klimaschutzsofortprogramm 2030, das kürzlich in die Ressortabstimmung ging (energate berichtete).
Paradigmenwechsel notwendig
Vor allem die Sektoren Gebäude, Verkehr und Industrie bleiben Sorgenkinder. "Die jährlich erzielte Minderungsmenge müsste sich im Vergleich zur historischen Entwicklung der letzten zehn Jahre mehr als verdoppeln. Im Industriesektor wäre etwa eine 10-fache und bei Verkehr sogar eine 14-fache Erhöhung der durchschnittlichen Minderungsmenge pro Jahr notwendig", sagte Ratsmitglied Thomas Heimer. Auch das bisherige Ausbautempo bei Solar- und Windenergieanlagen, Wärmepumpen oder der Elektromobilität wird laut dem Bericht nicht ausreichen.
"Unsere Beobachtungen der letzten 20 Jahre lassen fraglich erscheinen, ob ein Erreichen der Klimaziele ohne einen Paradigmenwechsel in der Klimapolitik gelingen kann", stellt der Vorsitzende des Expertenrates, Hans-Martin Henning, fest. Ein solcher Paradigmenwechsel wäre beispielsweise die harte Begrenzung zulässiger Emissionsmengen. "Klimapolitik wäre dann nicht mehr überwiegend Emissionsminderungspolitik, sondern verstärkt auch Wirtschafts- und Sozialpolitik unter den neuen Rahmenbedingungen der harten Mengengrenze", so Henning. /ck