Berlin (energate) - Die Klimakonferenz "COP 27" in Ägypten geht in die entscheidende Runde. energate wird gemeinsam mit dem Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität (Ikem) in der zweiten Woche in einem täglichen Podcast von der Konferenz berichten. Vorab spricht Ikem-Geschäftsführer Simon Schäfer-Stradowsky im Interview über seine Erwartungen an die Verhandlungen.
energate: Herr Schäfer-Stradowsky, was ist Ihre Erwartungshaltung an die "COP 27" in Scharm El-Scheich?
Schäfer-Stradowsky: Ich erwarte, dass wir den Geist der "COPs" weiter pflegen. Es ist nicht selbstverständlich, dass über die Jahre hinweg alle Länder bei den Klimakonferenzen zusammenkommen. Bei der vergangenen "COP" in Glasgow fand ich es bemerkenswert, dass keine Partei mehr bewusst gegen Klimaschutz gearbeitet hat. Alle haben versucht, auf einen Konsens hin zu wirken. Ich hoffe, wir können in Ägypten daran anknüpfen.
energate: Welche Erwartungen haben Sie an die Rolle der Bundesregierung auf der "COP 27"?
Schäfer-Stradowsky: Deutschland darf nicht dem internationalen Trend zu Partikularinteressen folgen. Wichtig ist, dass Europa als Ganzes gut abgestimmt auftritt und Deutschland in diesem Rahmen als starke Stimme spricht. Dies entspricht ja auch der Logik der EU-Klimapolitik, die einen Rahmen vorgibt, den die Mitgliedsstaaten umsetzen.
energate: Bundeskanzler Olaf Scholz hat auf der Cop vor der Renaissance der fossilen Energieträger gewarnt. Besteht aus Ihrer Sicht die Gefahr, dass sich als Reaktion auf die Energiekrise Klimaschutzmaßnahmen verzögern?
Schäfer-Stradowsky: Eine Verzögerung ist schon zu erwarten. Die Frage ist, für wie lange: ein paar Monate oder ein paar Jahre. Die Chance ist da, dass es nur eine kurze Verzögerung sein wird. Dazu müssen die Bemühungen, wie etwa der Repower EU-Plan für einen schnelleren Ausbau der Erneuerbaren, Wirklichkeit werden. Wichtig ist daher auch, dass neue Infrastruktur, wie etwa die geplanten LNG-Terminals, sich tatsächlich auch für grüne Energieprodukte wie erneuerbaren Wasserstoff nutzen lassen.
energate: Auf der "COP" hat der Bundeskanzler auch noch einmal für die Idee des Klimaclubs geworben. Was halten Sie davon?
Schäfer-Stradowsky: Das kann schon einen Unterschied machen. Ich bin ein Anhänger des Prinzips der verschiedenen Geschwindigkeiten, wie das ja auch in der EU existiert, je nach Voraussetzung eines Landes. Es ist deshalb gut, wenn sich Länder zusammentun und mit gutem Beispiel vorangehen. Das ist besser, als wenn jeder versucht, seine nationalen Interessen durchzusetzen.
energate: Was wäre aus Ihrer Sicht eine erfolgreiche "COP 27"?
Schäfer-Stradowsky: Für viele wäre es schon ein Erfolg, wenn der Multilateralismus nicht komplett auseinanderfällt. Ein zweiter wichtiger Punkt, gerade weil vor Ort viele Vertreter von Öl und anderen Industrien unterwegs sind: Wir müssen bei der Frage vorankommen, wie wir große multinationale Unternehmen beim Klimaschutz wirksam einbinden können. Auch diese Unternehmen müssen sich bei "Loss & Damage" beteiligen, gerade weil einige durch die hohen Energiepreise derzeit große Gewinne machen.
Die Fragen stellte Karsten Wiedemann.
Den energate-Podcast in Kooperation mit dem Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität (Ikem) rund um die COP 27 finden Sie ab dem 14. November unter diesem Link.